Die Ehre der schweren Kost

Die Ehre der schweren Kost

Aus dem erfolgreichen Schweizer Spielfilm «Der Verdingbub» entstand ein Bühnenwerk, das im Stadttheater Bern im Jahr 2017 seine Weltpremiere feierte. Als erste Schweizer Amateurbühne inszeniert das Theater Toffen das gesellschaftskritische Stück in einer Berner Mundartversion. Nach einer coronabedingten Pause wird nun im Kulturzentrum «Hang» in Toffen der Bühne neues Leben eingehaucht.

Rechte für die Erstaufführung erhalten haben», erzählt Hans-Ulrich Tanner, Vereinspräsident des Theaters Toffen. «Beim Auswahlverfahren wurden wir und die Regie durch die Stückautoren auf Herz und Nieren geprüft und konnten uns schlussendlich behaupten», verrät er stolz und fügt hinzu: «Unser Theaterschaffen geniesst beim Publikum einen guten Ruf und unser Verein ist weit über die Region hin­aus bekannt.» Der im Jahr 1984 gegründete Verein ist Mitglied beim Zentralverband Schweizer Volkstheater und blickt auf eine bewegte Bühnenvergangenheit zurück. Jährlich inszeniert das Amateurtheater eine Produktion. Alle sechs Jahre wird zusammen mit dem Sommertheater Gürbetal eine Freilichtaufführung realisiert. «Dank dem grossen Einsatz von rund 30 aktiven Vereinsmitgliedern sowie regionalen Partnern und Gönnern konnten wir in den letzten Jahren erfolgreich bestehen», freut sich Tanner. Dies sei nicht selbstverständlich, denn eine erfolgreiche Produktion bedeute grosses zeitliches Engagement aller Beteiligten.

Zusammenarbeit mit Profis
Das Theater Toffen legt bei der Produktion von Stücken höchste Priorität auf die Qualität. Neben regelmässigen Schulungen der Amateurschauspieler werden die Projekte stets unter professioneller Regieführung umgesetzt. Auch das aktuelle Stück «Verdingbueb» wurde mit dem bekannten Bühnenregisseur Alex Truffer inszeniert. Der gebürtige Basler ist seit 26 Jahren im Raum Bern tätig und hat bereits vier sozialkritische Werke und ein Freilichttheater mit grossem Publikumserfolg in Toffen realisiert. Auch bei der Text- und Musikgestaltung setzt der Verein auf Profis. Das Stück wurde für das Theater Toffen durch Christine Heiniger in Berner Dialekt umgeschrieben. Die musikalische Inszenierung erfolgte durch den Berufsmusiker Christian Hadorn.

Schweizer Sozialgeschichte
Mit «Verdingbueb» hat sich das Theater Toffen an ein anspruchsvolles Thema herangewagt. Das Stück erzählt die Geschichte eines Jungen, der an eine Bauernfamilie im Emmental verdingt wurde. Der Bub teilt das tragische Schicksal mit rund 10’000 anderen Kindern im Kanton Bern zwischen 1850 und 1960. Die Kinder aus armen Verhältnissen wurden auf staatliche Anweisung aus ihrem Umfeld herausgerissen und zum Teil wie Sklaven auf Märkten versteigert, um auf Betrieben Schwerstarbeit zu leisten. Viele wurden misshandelt, missbraucht und erlitten schwere körperliche und seelische Schäden.

Schwere Kost
Der Verein ist gespannt, auf welche Resonanz das Stück stossen wird. Denn der Film «Verdingbub» sei keine leichte Kost und setzte so manchem Zuschauergemüt zu. Es könnte sein, dass dies etwas abschreckend wirkt.» Aber Tanner, der selbst auf der Bühne stehen wird, sagt: «Die Thematik ist durchaus dramatisch, doch unsere Inszenierung von Alex Truffer wurde nicht so brutal umgesetzt wie im Film.»

Eigentlich hätte das Stück bereits im Frühling 2020 aufgeführt werden sollen, aber die Situation mit Corona verhinderte dies. Nun ist es an der Zeit, das Bühnenbild aus dem Dornröschenschlaf zu holen und die Bühne zum Leben zu erwecken. Hans-Ulrich Tanner hofft auf gute Mund-zu-Mund-Propaganda, um möglichst zahlreichen Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in das dunkle Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte zu ermöglichen. Parallel zu den Aufführungen wird die themenspezifische Sonderausstellung «Verdingt – zwischen Fürsorge und Zwang» präsentiert.

Neue Projekte
Auch im nächsten Jahr ist für Unterhaltung gesorgt: Das Publikum darf sich auf die Komödie «Pension Schöller» freuen. Weiter hat sich das Theater Toffen mit dem Stück «Verdingbueb» für die Teilnahme am «Schweizerischen Theaterfestival» im Juni in Meiringen beworben. «Die Chancen stehen gut, dass wir dabei sind», so der Präsident zuversichtlich. Die Vorfreude auf den nächst­grösseren Höhepunkt im Jahr 2025 – die Freilichttheateraufführung im «Schlossgarten Riggisberg», ist ebenfalls gross. «Es wird ein ganz besonderes Erlebnis sein, in dieser wunderschönen Kulisse das Stück ‹Oberamtmann Effinger› aufzuführen», schliesst der leidenschaftliche Amateurschauspieler.

Spieldaten
Premiere: Donnerstag, 8. April 20 Uhr

Weitere Vorstellungen:
9. /13. /15. /20. /22. /23. /24. /29. und 30. April
6. /7. /8. und 13. Mai. Jeweils um 20 Uhr, sonntags um 17 Uhr
Vorverkauf unter www.theater-toffen.ch oder Tel. 0900 320 320

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