Bis vor wenigen Jahren war der Seftiger Roland Spring Technischer Inspektor in der Abteilung Trink- und Badewasser im Kantonalen Labor Bern. Seine grosse Erfahrung macht ihn zum Experten schlechthin, wenn es um unser Wasser geht. Heute sucht er nicht mehr mit dem Mikroskop nach kleinsten Verunreinigungen, sondern sieht die grossen Zusammenhänge.
Verantwortung
«Wir sind die ersten, die das Wasser brauchen. Es fällt als Regen vom Himmel, wir nutzen es und geben es danach an ganz Europa weiter», stellt er fest. Rhein, Rhone oder Inn verteilen im Alpenraum wie Blutadern das kostbare Gut auf den ganzen Kontinent. «Das Bewusstsein dieser Torffunktion ergibt automatisch eine grosse Verantwortung», sagt er und unterstreicht: «Beziehen zum Beispiel die Holländer Wasser aus dem Rhein, ist es schon mehrmals genutzt und gereinigt worden.» Aus diesem Grund empfindet Spring es wichtig, dass möglichst keine Schadstoffe ins Wasser gelangen. «Diese deuten immer auf ein Problem hin», meint er. Wenn Regen fällt, wird das versickernde Wasser vom Boden gefiltert und löst gleichzeitig Stoffe, die im Boden gelagert sind. So gelangen diese ins Grundwasser. «Der Bodenfilter ist aufgrund der intensiven Nutzung stark belastet. Ein Auswaschen des Bodens mit Regenwasser wird Jahre dauern», erklärt der Experte.
Knappheit
Eine klare Botschaft an die Gralshüter der Quellen. Die Schweiz steht in der Verantwortung für sauberes Wasser für ganz Europa. Damit wir dies auch zukünftig garantieren können, müssen wir unsere Filter, die Böden, von möglichst allen Schadstoffen entlasten. So weit so gut. Nur, weshalb sorgt sich Spring zusätzlich um eine drohende Verknappung dieser lebenswichtigen Ressource? Ein erster Hinweis ist, dass 97% des Wassers in den Weltmeeren oder in Form von Eis gebunden ist. Nur 3% des gesamten Wassers auf der Erde stehen als Trinkwasser zur Verfügung. «Eigentlich ist es ganz erstaunlich. Die Natur ist so konzipiert, dass kein Tropfen Wasser auf der Erde verloren geht», beginnt er zu antworten. Mit der Klimaerwärmung schmelzen bekanntlich die Gletscher. Das geschmolzene Wasser lässt die Meeresspiegel steigen. «Wenn die Gletscher einmal weggeschmolzen sind, kommt nur noch wenig Wasser die Aare runter, einzig der Regen verhindert ein ausgetrocknetes Bachbett», schildert er ein bedrohliches Szenario. «Ich hätte nie geglaubt, dass die Schweiz einmal von Wasserknappheit betroffen sein könnte», gibt er ehrlich zu. Die Klimaveränderung ist im Gange und mit ihr dieses mögliche Szenario.
Wertvoller Rohstoff
«Die Bedrohung ist reell, denn die Gletscher schwinden rapide, wie neueste Zahlen belegen», meint er abschliessend. Ein Blick in die weite Welt unterstreicht seine Worte. Bereits heute hat ein Drittel der Menscheit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Tendenz zunehmend, weil die Trockenheit Quellen versiegen lässt und Brunnen austrocknen. Der Zugang zu sauberem Wasser gehört zu den Menschenrechten. Daher erhebt er Einspruch gegen die heute gängige Praxis, dass Firmen Quellen im grossen Stil aufkaufen und das Wasser überteuert in Flaschen verkaufen. «Wasser ist Leben. Wir alle hängen davon ab und das sollte uns bewusst sein», begründet er, warum Wasser ein Menschenrecht ist. Noch sitzt die Schweiz im wahrsten Sinne des Wortes auf einem Berg dieses Rohstoffs. Wenn man also sagt, die Schweiz hätte keine Rohstoffe wie etwa Ölländer oder Nationen mit Bodenschätzen, so stimmt das nicht. Wasser wird immer wertvoller und die Schweiz ist ein mächtiges Wasserschloss in Europa. Und die Gantrisch-Region eine riesige Schatzkammer. Zum einen, weil hier reines Quellwasser in grossen Mengen entspringt. Bestes Beispiel sind die Quellen «Blattenheid» oberhalb von Blumenstein. Die «Wasserversorgung Blattenheid» versorgt rund 24’000 Personen mit sauberem Trinkwasser. Die Blattenheid Quellen liefern je nach Jahreszeit zwischen 1800 und 20’000 Liter in der Minute.
Was alle tun können
Nicht nur dieses besonders reine Quellwasser, insgesamt ist das Wasser in der Schweiz im internationalen Vergleich herausragend. «Unser Hahnenwasser kann sich jederzeit mit Mineralwasser aus der Flasche messen», verrät Spring. Aus diesem Grund empfiehlt er: «Wir Schweizer sollten auf Wasser aus der Flasche verzichten, es ist bis zu 1000 mal teurer und macht keinen Sinn.» Es gibt aber noch viel mehr, was jeder Einzelne tun kann, damit wir beginnen, dem wertvollen Rohstoff wirklich Sorge zu tragen. «Alles was in unser Abwasser gelangt, muss irgendwie wieder herausgefiltert werden. Auch wenn die Prozesse heute bahnbrechend sind, bleiben immer noch gelöste Substanzen im gereinigten Abwasser zurück. Wir haben gute Abwasserreinigungsanlagen und vieles ist heute machbar. Trotzdem sollten wir das Wasser so wenig wie möglich verschmutzen. Jeder kann dazu beitragen. Zum Beispiel Öl aus der Bratpfanne: Es ist schwierig zu filtern und man könnte die Pfanne zuerst mit einem Papier vom Fett befreien. Und man bedenke, dass wir unsere Fäkalien mit sauberem Trinkwasser runterspülen», sagt der Experte. Die Devise lautet, nicht unnötig Wasser zu verbrauchen und es so wenig wie möglich zu verschmutzen. Dabei sollten auch möglichst abbaubare Produkte eingesetzt werden.
Roland Spring beschäftigt sich sein Leben lang mit Wasser. Er reiste sogar an den Baikalsee, das weltweit grösste Süsswasserreservoir. Rund 1/3 der gesamten Menge an zugänglichem Trinkwasser sind dort gelagert. «Als ehemaliger Badewasserkontrolleur musste ich dort baden gehen, wenngleich es ziemlich kalt war», erzählt der Spezialist. Nur 3% des gesamten Wassers liegt als Süsswasser vor. Davon liegen zwei Drittel als Eis an Nord- und Südpol. Der kleine Rest steht uns als Trinkwasser zur Verfügung.
Wenn sich aber einer wie er besorgt zeigt über die Zukunft des Wassers, selbst in der Schweiz, dann hat das schon Hand und Fuss. Wir sind die Hüter der Quellen, das ist eine grosse Verantwortung und betrifft jeden von uns.