Landwirt werden ohne Land in Sicht?

Landwirt werden ohne Land in Sicht?

Viele Bilder in der kleinen Studiowohnung zeugen von seiner Liebe zu den Kühen. Doch bald kann Landwirt Marc Urfer diese abhängen und in die Zügelkisten stecken. Nach seiner Ausbildung zum Landwirt und Agrartechniker hat er es geschafft, einen Hof zu finden, den er übernehmen kann.

«Ich werde einiges beibehalten, beim Ackerbau möchte ich aber noch ein wenig ausbauen», erzählt der gelernte Landwirt EFZ und Agrartechniker HF, ohne dass er die Vorfreude verbergen kann. Nur noch wenige Wochen, dann übernimmt Marc Urfer in Mühledorf einen Bauernhof.

…wenn man wirklich will
Auf dieses Ziel hat der 25-Jährige lange hingearbeitet. Schon als kleiner Junge eines Käsers verbrachte er jede freie Minute auf dem Hof seines Onkels. «Seit dem Kindergarten war mir eigentlich schon klar, dass ich Bauer werden will», erinnert er sich an eine Kindheit, in der er schon vieles erlernt hatte, was er später gut gebrauchen konnte. Bereits in der 7. Klasse suchte er eine Lehrstelle und wurde fündig. Von Schweinezucht über Ackerbau und Milchwirtschaft, in 3 Lehrbetrieben hat sich der junge Berner breit aufgestellt. Sogar bis nach Ontario in Kanada ist er gereist, wo es ihn nach der Lehre hinzog. Die Vertiefung zum Agrotechniker HF nach dem Militär galt demselben Ziel: viel Wissen anzueignen, um eines Tages seinen eigenen Hof möglichst gut bewirtschaften zu können. «Mir kommt es vor, als ob ich das im Blut hätte», spricht er ganz selbstverständlich.

…wer sucht der findet
Die ersten Gespräche über mögliche Übernahmen startete der fokussierte Bauer bereits in seinen Lehrjahren; unaufhörlich und zielstrebig. «So eine Übernahme geht nicht von heute auf morgen, man muss sich durchfragen, sich mögen, sich finden und Vertrauen fassen», weiss Urfer aus eigener Erfahrung. Denn er wurde fündig und darf anfangs nächsten Jahres einen Betrieb übernehmen, der Ackerbau, Futterbau und Aufzuchttiere beinhaltet. Milchwirtschaft gibt es keine, dafür reicht das Land nicht. «Vorerst», lacht er. Denn der Jung-Landwirt hat eine grosse Vorliebe und, wenn diese noch Platz findet, wäre sein Traum perfekt. «Kühe sind meine grösste Leidenschaft», bringt er es auf den Punkt. Die verschiedenen Bilder und Glocken in seinem Studio in Gelterfingen unterstreichen diese Aussage bildlich.

…was sein muss
Der Traum vom eigenen Hof ist aber mehr als Freude und Zielstrebigkeit. Hinzu kommt Beharrlichkeit, gepaart mit Durchhaltewillen. «Bauer sein bedeutet oft, für wenig Geld viel zu leisten, manchmal ist es ein 24-Stunden-Job, für den eine Leidenschaft brennen muss, damit man die langen Tage nicht als störend empfindet», sagt Urfer so leicht und locker, dass kein Zweifel daran aufkommt, dass sein Feuer der Leidenschaft wie ein Flächenbrand wütet. Bauer sein ist harte Arbeit, oft mit geringem Auskommen, dafür aber mit viel Raum für Kreativität, eigene Ideen und neue Wege. Selbst wenn kein Hof in Aussicht wäre, gewinnt der Kuh-Liebhaber seiner Ausbildung einen weiteren Vorteil ab: « Als Landwirt hat man sowieso eine tolle Grundausbildung und kann sich in vielen Bereichen weiterbilden, denn Bauern wird es immer brauchen.» Der Freiburger Staatsrat und Direktor für Land- und Forstwirtschaft Didier Castella meinte anlässlich einer Diplomfeier: «Das ist gleichzeitig einer der schwierigsten Berufe und einer mit grosser Zukunft.»

…was die Zukunft bringt
Die Landwirtschaft befindet sich in einem schwierigen politischen Umfeld. Das mag aber für junge Menschen durchaus eine Chance sein. Dann nämlich, wenn die Gesellschaft regionale Produkte wieder mehr wertschätzt und wenn dadurch ein Nährboden entsteht, der Bauern das Einkommen sichert, ohne dass ihre Betriebe hierzu immer grösser werden müssen. Marc Urfer ist nur ein junger Mensch von vielen, der seinen Weg und seine Bestimmung sucht. Er hat auf seine Leidenschaft gehört und unbeirrt einen Weg beschritten, vom Bauer ohne Land zum Landwirt mit eigenem Betrieb. Mit seiner jugendlichen, unbekümmerten Art ein Vorbild für alle, die diesen Traum ebenfalls hegen. Selbst wenn er selber sich wohl kaum als Vorbild sehen würde. Möge er in einem Jahr abends Zeit finden, zufrieden auf der Bank vor dem Stall Platz nehmen, dem malmenden Geräusch seiner Tiere beim Abendessen lauschen und sich sagen können: «Gut, dass ich mich nicht hab beirren lassen.»

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