Die Menschen, nicht die Stände machen den Markt

Die Menschen, nicht die Stände machen den Markt

Die Musikgesellschaft, die Hornusser, der FC, der Fischereiverein Gürbetal oder der Hockeyclub Forst-Längenbühl. Es sind die Vereine, die dem Markt im Dorfzentrum von Wattenwil den einzigartigen Charakter verleihen; oder vielmehr all die Menschen, welche die Vereine ausmachen.

Solche wie Christian Wülser. Während hinten im grossen Topf die Fische brutzeln und der unverkennbare Duft von Fischknus-
perli Vorbeischlendernde anlockt, steht er vorne und bedient die Gäste. «Nein, diese Fische sind nicht aus der Gürbe», antwortet er auf eine Frage, die ihm mehrmals am Tag gestellt wird. Er nimmt sich jeweils Zeit und verrät einiges über seinen Verein. «Wir pflegen die Gürbe, setzen junge Fische aus und räumen die Uferzonen auf», nennt er einige Beispiele. Bachforellen seien es vor allen Dingen, die in der Gürbe schwimmen. Nun sei aber nicht Saison, deshalb seien hier am Stand des Fischereivereins Gürbetal keine zu bekommen, erklärt der Vizepräsident. Die Fischfreunde am Stand sind ein geselliges Grüppchen, das sich nicht scheut, die Marktbesucher miteinzubeziehen.
Vereine stellen sich vor
Nur wenige Schritte weiter begrüssen die Hockeyspieler von Forst-Längenbühl die Passanten. Bestens gerüstet, um alle Formen von Durst zu löschen. Dafür sind auch die Hornusser und die Mitglieder des FC Wattenwil bekannt. Ihre gegenüberliegenden Stände sind die Dreh- und Angelpunkte des gesamten Markts. Normalerweise schlendern die Menschen tagsüber durch die mit Ständen gefüllten Gassen und stossen am Abend kräftig auf das Leben an. Nicht so in diesem Jahr. Um 20 Uhr war Schluss mit dem Markt. Auf das legendäre Fest und die lange Nacht musste in diesem Jahr coronabedingt verzichtet werden. Wer nun glaubt, die Wattenwiler würden Trübsal blasen, wenn ihre legendäre Freinacht ausbleibt, der täuscht sich. Kurzerhand vermischten sie gekonnt Feier und Markt zu einem grossen Ganzen. Die Vereine dirigieren dieses Miteinander. Sie vernetzen die Menschen und sorgen für unerwartete Begegnungen, freudiges Wiedersehen und humorvolle Momente.

Freude teilen
Einen solchen bildeten jene Jugendlichen, die auf dem historischen Karussell mitfuhren, dicht an dicht neben den Kindern. Ein paar aufmunternde Worte aus dem Kollegenkreis sowie den Vereinen und der Entschluss stand fest: Karussell fahren, dass dürfen heute alle. Vielleicht war es auch ein wenig dieser Szene zu verdanken, dass Ursina Steiner und Stephan Jaun mit einem Lachen auf dem Gesicht eine Crêpe nach der anderen zubereiteten. Bergkäse oder Spinat vom eigenen Hof in Wattenwil, vom Hof auf den Teller lautet hier die Devise. Die beiden Agronome haben ihre Freude an regionalen Produkten mit allen geteilt und gleichzeitig beste Werbung für ihren eigenen Betrieb gemacht. Damit waren sie nicht allein. Viele regionale Anbieter warteten mit Spezialitäten auf die Besucher. Probieren erwünscht. Ob Vereinsmitglied oder regionaler Produzent, am Wattenwiler Märit geht es darum, seine Freude zu teilen.

Der Mix macht es aus
Bei aller Freude, all den Spezialitäten, Vereinen und dem lokalen Gewerbe: Ein Markt braucht auch seine typischen Stände. Jene mit den Portemonnaies, dem Schmuck, den Spielsachen, den Edelweisshemden, der Schuhsalbe. Rund 150 Anbieter haben vor, das Dorf am südlichen Ende des Gürbetals immer wieder aufzusuchen. Darunter etliche, auf die manche Wattenwilerin oder manch Wattenwiler sehnlichst wartet. Für «Nidletäfeli» steht man an, so beliebt ist dieser Confisseur. Die geübten mit einem Kaffee in der Hand und die «Märit»-erfahrenen Kinder wissen, dass es sich hier besonders lohnt, weil eine kleine Leckerei auf sie wartet. Der Mix aus Einheimischen und Marktfahrenden ist eine weitere Komponente, die den Traditionsanlass mitten im Dorf auszeichnet.

Der Duft von gebrannten Mandeln, gut bemessenem Kaffee-Schnaps oder einer Käseschnitte. Das gehört zu einem Herbstmarkt wie welkes Laub am Boden, als erste Ankündigung des bevorstehenden Winters. In Wattenwil glaubt manch einer schon viele Tage, bevor der erste Mittwoch im Oktober endlich kommt, diese Gerüche ein wenig wahrzunehmen. Man munkelt, dass sich die Wattenwiler sogar fast so fest auf ihren Märit freuen wie auf Weihnachten oder Ostern. Ein Blick in die vielen lachenden Gesichter vor Ort lässt die Vermutung zu, dass dies durchaus stimmen könnte.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitragstitel
Die Menschen, nicht die Stände machen den Markt

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt