Die Kultur des Spielens

Die Kultur des Spielens

«Wir hören nicht auf, zu spielen weil wir alt werden, wir werden alt, wenn wir aufhören zu spielen», schrieb der amerikanische Schriftsteller Oliver Wendel Holmes. Spielen verwischt die Grenzen zwischen Jung und Alt, zwischen Arm und Reich oder zwischen damals und heute. Davon erzählt das Spielzeugmuseum in Wattenwil.

Edith Schönholzer legt behutsam eine kleine Eisenbahn auf den Tisch. Gefertigt aus ein paar Stücken Holz, Nägeln und Fadenspulen. «Dieses Spielzeug brachte ein alter Mann vorbei. Er bekam diese Bahn von seinem Grossvater und hatte fast ein wenig Hemmungen, weil er glaubte, sie genüge den Anforderungen des Museums nicht», erklärt die Initiantin des Museums. «Dabei sind es genau solche Spielzeuge mit Geschichte, die faszinieren», sagt sie und senkt gleichzeitig den Blick auf das kleine Spielzeug, dem man deutlich ansieht, dass es rege Verwendung fand.

Abbilder der Zeit
Gebaut hat diese kleine Kinderfreude ein Landwirt der Gegend, mit dem, was er zur Verfügung hatte. Ein gutes Beispiel für die tiefere Bedeutung: «Spielsachen sind und waren immer verkleinerte Abbilder der Zeit», fasst es Edith Schönholzer zusammen. Kinder spielen mit Dingen, die ihnen helfen, die Welt in der sie leben zu begreifen. Nimmt man nun noch die Kluft zwischen Arm und Reich dazu, ergeben sich auch zeitgleich grosse Unterschiede. Während sich das Kind auf dem Lande mit besagter Holzeisenbahn amüsierte, beschäftige sich fernab in der Stadt ein anderes mit elegant gekleideten Puppen.

Eine Zeitreise
Wer das Museum betritt, beginnt eine Zeitreise. Hinein in den Salon der Gutbetuchten mit ihren Puppenhäusern oder hinein in die bäuerliche Stube, wo die Kinder mit einfachen Spielzeugen aus Tannzapfen oder Holz spielten. «Zwar findet man in unserem Museum wertvolle Raritäten, aber unser Ziel ist nicht eine Ansammlung von möglichst seltenen und teuren Sammelobjekten. Für das Kind ist der monetäre Wert von seinem Spielzeug unwesentlich», erzählt Edith Schönholzer. Das Museum umfasst den breiten Fächer aller sozialen Schichten mit vielen Einzelanfertigungen. So wie die Eisenbahn auf dem Tisch.

Die Restauration
Jürg Reimann ist der Lebenspartner der Initiantin. Er hat die feinen Hände, die es braucht, all diese Spielzeuge im Museum funktionstüchtig zu renovieren und gekonnt in Szene zu setzen. Die beiden verbringen entsprechend nicht nur viel Zeit bei der Vorbereitung der wechselnden Ausstellungen, sondern auch beim Restaurieren und Inventarisieren. Die Spurensuche ist das Juwel des Museums. Seit den Anfängen im Jahre 2005 in Thun und der Eröffnung des Museums im Jahre 2018 in Wattenwil sind viele solcher Zeitzeugen dazu gekommen. Dank der Mithilfe von mehreren Freiwilligen entstand eine einzigartige Sammlung, die im altehrwürdigen Bauernhaus in Wattenwil liebevoll inszeniert wird.

Das Spielzeugmuseum Wattenwil ist eine Zeitreise, lebendige Geschichte, die grosse Welt im kleinen Zeug. Mittendrin ist Edith Schönholzer. Eine Frau, die sich mit Herz und Seele als Entdeckerin und Hüterin dieser kleinen Welt engagiert. Einer Kultur des Spielens.

INFO
www.spielzeugmuseum-wattenwil.ch

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Die Kultur des Spielens

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