Das Volk will das eine, die Regierung das andere

Das Volk will das eine, die Regierung das andere

Bildung bewegt. Auch politisch. Während der Gemeinderat in Kaufdorf gerne die Zusammenarbeit mit Belp gesucht hätte, entschied sich das Volk an der Gemeindeversammlung, mit Toffen zusammenzuspannen. Doch die Toffener müssen erst selbst noch darüber abstimmen, ob sie überhaupt ein neues Oberstufenschulhaus bauen wollen.

Dies entscheidet sich am 25. September. Toffen erachtet die Trennung von Realklassen in Toffen und Sekundarklassen in Belp als nicht mehr zeitgemäss. Befürwortet das Volk den Bau einer neuen Schule, wird die Gürbetaler Gemeinde künftig die gesamte Oberstufe anbieten können; stellt sich das Volk dagegen, wird Belp zum Sparring-Partner. Auch Kaufdorf schickt seine Kinder derzeit nach Toffen in die Real- oder nach Belp in die Sekundarschule. Nun hat der 1100-Personen-Ort plötzlich die Qual der Wahl und der Gemeinderat eine Wahl der Qual. Dieser entschied nämlich auf das Pferd Belp zu setzen und begründete dies unter anderem mit den deutlich günstigeren Kosten. Aber da hat er die Rechnung ohne sein Volk gemacht oder wie es eine Lehrerin an der Versammlung sagte: «Vielleicht ist Toffen die teurere Variante, aber in was wollen wir investieren, wenn nicht in die Bildung?» Der Applaus war ihr sicher und es häuften sich die Wortmeldungen, die dem direkten Nachbarn Toffen gute Noten ausstellten. Einerseits aus Erfahrung mit der Realschule, anderseits weil Toffen das Modell 4, das sogenannte «Mosaik», anbieten will. Dieses erlaubt eine besonders hohe Durchlässigkeit und Differenzierung. Kaufdorf wäre bei der Toffener Variante gar Partnergemeinde. «Die beiden Gemeinden können als gleichberechtigte Partner im Sinne der Jugendlichen zusammenarbeiten, gemeinsam nach Lösungen suchen und langfristig strategisch planen», schreibt der Toffener Gemeinderat, der nun für ein Ja zu seinem Schulhausbau wirbt. Doch zurück an die denkwürdige Kaufdorfer Gemeindeversammlung. Dort stand zusehends die Bildungskommission in einem Rampenlicht, dass sonst nur selten auf sie scheint. Ihre Mitglieder sollten als Experten die beiden Varianten vergleichen. Sämtliche Kommissionsmitglieder plädierten für Toffen, betonten die Vorteile der kleineren Klassen oder, dass das «Mosaik»-Modell ein Leuchtturmprojekt sei. Selbst die Bauzeit wäre im Falle von Toffen mit zwei Jahren überschaubar, währenddem Belp einen weitaus grösseren Bau andenkt. Zweifellos auch eine Art Leuchtturm, aber eben auch einer, der eine längere Bauzeit voraussetzt. 119 Personen bevorzugen Toffen, 42 die Variante Belp. Der Gemeinderat hat viel über die Frage nachgedacht, die Bildungskommission aber auch. Dass sich das Volk nun gegen den Gemeinderat gestellt hat, bietet fast ein wenig Raum, um die Vertrauensfrage zu stellen, zumal dies der Gemeinderat selbst gesagt hat. Doch das wäre Polemik. In der Realität behandelte das kleine Dorf Kaufdorf fast ein wenig ein Luxusproblem. Dort wo andere Gemeinden Mühe haben, überhaupt erst eine Lösung zu finden, konnte Kaufdorf aus zwei guten Möglichkeiten aussuchen. Das Volk bevorzugte die kleine Oberstufe mit dem neuen Schulmodell in der Partnergemeinde, der Gemeinderat den sicheren und finanziell gesicherten Weg mit dem weitaus grösseren Ort Belp. Das Volk will das eine, die Regierung das andere. Bekanntlich hat in der Schweiz das Volk das letzte Wort und setzte sich auch in diesem Fall durch. Exemplarisch beschrieb es Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP) so: «Politisch hätte ich Belp bevorzugt, aber meine Kinder wollen lieber nach Toffen.»

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