In der ganzen Schweiz sehen sich Gemeinden gezwungen, neue Quellfassungen zu erschliessen. Auch in Rüeggisberg führten die trockenen Sommermonate in der Vergangenheit zu Trinkwasserknappheit. Sebastian Eugster, als Gemeinderat verantwortlich für die Ressorts Umwelt und Betriebe, stellt fest: «Wir sind gewohnt, dass Trinkwasser einfach aus dem Hahn fliesst. Aber sogar bei uns, im Wasserschloss Europas, wird es zwischendurch zum Luxusgut. Auch wir müssen uns dem Klimawandel anpassen.» Die grösste Herausforderung ist, dass die Gemeinde auch in Trockenperioden genügend Wasser zur Verfügung stellen kann. Rüeggisberg hat darum Massnahmen eingeleitet. Zuerst einmal soll durch guten Unterhalt und durch den Ersatz alter Infrastruktur der Wasserverlust reduziert werden. Weil es effizienter sei, geschieht dies idealerweise im Verbund mit den Nachbargemeinden. «Hier gibt es noch Potential», sagt Eugster. Zweitens sollen die Quellen erhalten werden. Er betont: «Sie sind unser Kapital, wir tragen ihnen Sorge.»
Quellfassung Than
Gleichzeitig bereitet sich die Gemeinde auf weitere Extremjahre vor. Das weitverzweigte, mehr als 30 km lange Leitungsnetz verbindet einen Grossteil der Haushalte mit einem der fünf Reservoirs. Diese werden via zwei grösseren Pumpstationen von Quellen gespeist. Die wichtigste davon liegt im Thanwald. Diese zentrale, rund sechzigjährige Fassung wird nun saniert. Während der Arbeiten fliesst Wasser aus Riggisberg in die Gemeinde. Diese Verbindungsleitung wurde letztes Jahr nach langem Planen erstellt – Rüeggisberg bewilligte dazu schon vor Jahren einen Verpflichtungskredit. «Sie ist für Notfälle beider Gemeinden gedacht und ist normalerweise leer», erklärt Eugster. Er weist auf einen weiteren Aspekt hin: «Das kostbare Gut wird auch für den Löschschutz gebraucht, und jedes Reservoir verfügt über eine Löschreserve.» Die Gemeinde investierte darum auch in Hydranten, Zuleitungen und eine Ringleitung. Kürzlich wurden die Wassertarife angepasst. Denn alle Investitionen im Bereich Wasser finanzieren sich über Gebühren oder über Beiträge vom Kanton. Aktuell zahlen Rüeggisbergs Einwohner 1.70 Franken für 1000 Liter Wasser. «Man könnte also mehr als ein Jahr lang für 1.70 Franken Wasser trinken», veranschaulicht der Gemeinderat den «eigentlich viel kostbareren» Standard.
Neuer Wasserverbund?
Sebastian Eugster ist beruflich in der Humanitären Hilfe der DEZA tätigt. Er half etwa mit, nach dem verheerenden Erdbeben im August 2021 in Haiti die Trinkwasserversorgung zu gewährleisten. «Dass wir auch bei uns in Rüeggisberg mit Zisternen die Reservoirs füllen mussten, gab mir zu denken», sagt er. Umso mehr setzt er sich für nachhaltige Lösungen ein. Ein langfristiges Ziel wäre ein Wasserverbund mit den Nachbargemeinden. Dies sei zeitgemäss, findet er: «Man kann Synergien nutzen, in beiden Gemeinden anstehende Investitionen optimieren und wird dabei vom Kanton unterstützt.» Schliesslich arbeite man auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel dem Schulwesen, zusammen.
Fest steht jedoch: Um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein, muss die Gemeinde vorausschauend denken und planen. Damit unser Lebenselixier weiterhin in genügender Menge und Qualität aus jedem Hahn sprudelt.