Der Saal im «Grizzly» in Forst-Längenbühl ist zum Bersten voll, als vor wenigen Wochen die Mitgliederversammlung des Fördervereins Naturpark Gantrisch stattfindet. Ein Zeichen dafür, dass der Park in der Region eine wichtige Rolle einnimmt. Die Traktanden treten den Beweis an. Finanziell im Lot, thematisch die Gemeinden an Bord, Diskussionsbedarf herrscht kaum, Freude am Zusammenkommen dafür umso mehr. Dennoch gibt etwas zu reden und zu denken: Nachdem die GantrischPlus AG das Nachlassverfahren eingeleitet hatte, trug der Verwaltungsratspräsident Ruedi Flückiger die Verantwortung und trat zurück. Und dies gleich noch als Präsident des Fördervereins Naturpark Gantrisch. Ein symbolischer Akt für die Region.
Der Vorreiter
«Er war das Gesicht des Naturparks Gantrisch», fasst Daniel Bürdel, Vizepräsident des Fördervereins, Grossrat und Gemeindeammann von Plaffeien zusammen. Das ist kurz und prägnant auf den Punkt gebracht, was Flückiger in der vergangenen Dekade geleistet hat. Die Frage stellt sich: Wo wäre der Naturpark Gantrisch heute ohne den Pioniergeist von Ruedi Flückiger? Um es vorsichtig zu sagen: Dank ihm avancierte das Gantrischgebiet von einer vergessenen Region der Schweiz zu einem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und Integration der Bevölkerung, der Gäste, der Natur. Selbst wenn man die Geschichte rund um die finanziellen Ausrutscher in der GantrischPlus AG aufarbeiten muss, selbst wenn man dem Präsidenten zu viel Vertrauen und zu wenig Kontrolle der verschiedenen Akteure vorwerfen kann, so überwiegt sein Vermächtnis.
Die starke Frau
Doch zurück zur gutbesuchten Hauptversammlung in Forst-Längenbühl. Die Fussstapfen des scheidenden Präsidenten haben gefühlt die Schuhnummer 52. Wer hat den Mut und die Bereitschaft, in diese zu treten? Franziska Stucki-Oswald. Die politerfahrene Lehrerin aus Gerzensee ist seit sieben Jahren Bestandteil des Vorstands und kennt die Anforderungen. Sie kennt aber auch die grosse Schuhnummer und meint an die Adresse von Flückiger: «Du warst immer mein Vorbild, dein Tatendrang für die Region, alles ganz nach dem Motto: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.» Die Versammlung erkennt schnell, dass nun eine Frau folgt, die diesen Mut und das Verantwortungsbewusstsein weiterführen will. Und das kommt genau zur rechten Zeit: Mit Ruedi Flückiger endet die Pionierarbeit. Der Park ist angekommen, regional, national, emotional. Nun soll er seine Vorreiterrolle auch gesellschaftlich einnehmen. Gelingt ihm die Verbesserung des Mobilitätsnetzes, die Unterstützung für das Überleben der vielen bedrohten Pflanzen- und Tierarten der Region, kann er die Besucherströme lenken, er würde die Gemeinden als übergeordnetes und politisch neutrales Organ unterstützen und voranbringen. Ruedi Flückiger brachte die Nachhaltigkeit in die Geschichte der Region, das neue Zeitalter verlangt nun in Kreisläufen zu denken. Den Anfang dieser neuen Ära setzt Franziska Stucki-Oswald als Präsidentin. Zusammen mit der Geschäftsführerin Lydia Plüss haben nun zwei Frauen die Zügel des Parks in der Hand.
Das Team als Gesicht
Auch das ein Zeichen. Eines, das zeigt, wie man im neuen Kapitel ganz selbstverständlich Frauen in Führungspositionen hat. Vorreiterinnen für die Firmen der ländlichen Regionen? Auf jeden Fall. Doch ganz so neu ist dieser Aspekt dann auch wieder nicht und der Naturpark ist seit jeher emanzipiert, was ein Blick in die versammelte Belegschaft zeigt. Die Faszination und Energie, mit der die einzelnen Bereichsleiterinnen und -leiter ihre Projekte an der Versammlung im «Grizzly» präsentieren, gibt noch lange nach dem offiziellen Akt zu reden. Der Naturpark Gantrisch hat ein Team, das die grossen Aufgaben der Zukunft anpackt, Spezialisten, Generalisten und allesamt Enthusiasisten. Franziska Stucki-Oswald bringt den Mut mit, den eingeschlagenen Weg von Ruedi Flückiger konsequent weiterzuverfolgen, Lydia Plüss die Fähigkeiten, diese Ziele zu konkretisieren. Die heimlichen Helden der Zukunft sind aber vielleicht alle Teammitglieder im Naturpark. Denn sie besitzen das Wissen, das Netzwerk und die Erfahrung, wie man Schritt für Schritt vorwärtskommt. Denn hinter den grossen Worten an Versammlungen verbergen sich Tausende von kleinen Schritten eines ganzen Teams. Die Nachhaltigkeit ist da und der Pionier tritt zurück. Die Kreislaufwirtschaft soll kommen und ein ganzes Team wird übernehmen.