Ein futuristisches Strohhaus

Ein futuristisches Strohhaus

Wenn die Körner in den Mühlen ankommen, wird der Rest des Getreides meist als Liegeunterlage im Stall genutzt, wo es früher oder später zu Mist wird. Doch dieses Nebenprodukt der Lebensmittelproduktion verfügt über ausgezeichnete Eigenschaften. Erich Brand aus Niedermuhlern macht sich diese zunutze und hat damit ein einzigartiges Haus konstruiert.

«Schon länger war ich am überlegen, wie man das Bauen vereinfachen könnte.»
Erich Brand ist ursprünglich Sattler, langjähriger Künstler, Sozialpädagoge und in den letzten Jahren hauptsächlich «Umraumgestalter». Seit vielen Jahren beschäftigt Brand sich mit Ideen und Projekten rund um den «uns umgebenden Raum». So erstaunt es nicht, dass er sich für die freie Fläche neben seinem – ebenfalls selbst umgebauten – «Spycher-Haus» etwas Besonderes überlegte.
Schlicht und effizient
Dabei ging es nicht in erster Linie um ein spezielles Design, sondern um die Einfachheit des Bauprozesses. Nach viel Recherche und langem Nachdenken und Berechnen landete Erich Brand bei einem sogenannten «Nurdachhaus» oder «A-Frame-Haus». «Hat ein Haus keine Wände, braucht man kein Gerüst, sondern kann alles Material über Leitern hochziehen», erklärt Brand einen der Vorteile.
Zudem sind so die Solarpanels – sie machen fast 100% der Dachoberfläche aus – je zur Hälfte nach Osten und Westen ausgerichtet und können so das Maximum an Sonnenenergie herausholen. In der Tat versorgt das Nurdachhaus in Niedermuhlern nicht nur sich selbst sowie das angrenzende Wohnhaus komplett mit Strom, sondern speist auch noch überschüssige Energie ins BKW-Netz ein. Es gilt als Plusenergiehaus und entspricht den Baustandards Minergie A und Minergie P.
Wärme dank Urdinkelstroh
Das Haus verfügt über eine 40 cm dicke Isolationsschicht aus insgesamt 3,5 Tonnen Urdinkelstroh, welches von einem Feld in der Gemeinde stammt. «Diese alte Sorte ist langstielig und recht zäh, das verbessert den Isolationswert», so der Erbauer. Der Landwirt nutzte eine ältere Ballenpresse, welche kleinere Strohballen macht als die neuen. Dadurch konnten die 210 Ballen, jede knapp 17 kg schwer, über Leitern hochgetragen werden. Die Strohisolation, die Solarpanels sowie die charakteristische Form geben dem Haus seinen Namen: Solar-Stroh-Trigon.
Mit viel Eigenleistung, zusammen mit Handwerkern aus der Region, wurde das Haus in neun Monaten Bauzeit erstellt. «Der Schreiner Fritz Rohrbach erfüllte mir auch viele Designwünsche», schwärmt
Erich Brand. Sowohl die Konstruktion wie auch der Innenausbau – etwa Treppen oder Badezimmermöbel – wurden mit geschliffenen OSB-Spanplatten gebaut, welche mit pigmentiertem Holzpflegeöl behandelt wurden. «Dies ist ein sehr günstiges und solides Holz» erklärt Brand. Gepresst aus Splitterholz enthält es immer auch einen Anteil an Recyclingholz. Die Struktur ähnelt dem Stroh – eine bewusst gesetzte Designspielerei des Künstlers.

(Noch) ausserhalb der Norm
Der Gedanke «Wie kann man es noch einfacher machen?» zieht sich durch das ganze Projekt. Immer jedoch wird er ästhetisch und ökologisch sinnvoll umgesetzt. Fast vier Jahre lang existierte das Haus nur im Kopf von Erich Brand. Als es um die Umsetzung ging, «brauchte es eine Lederhaut», erzählt er schmunzelnd. Im ganzen Kanton Bern gibt es nur etwa 15 Nurdachhäuser aus den 60-er Jahren. So gab es einiges Kopfzerbrechen, bis der Bau anhand des Baureglements bewilligt werden konnte. Auch die Handwerker waren konfrontiert mit den unüblichsten Wünschen.

Erich Brand gibt zu: «Ich will Menschen ermutigen, eigene, neue Wege zu gehen.» Er selbst ist ein Sammler neuer Ideen und Möglichkeiten. Erkennt er ein Potential, versucht er, dies einzubeziehen. «Multifaktorisches Denken» nennt er das. Als Künstler ist er es gewohnt, ungewöhnliche Ideen in die Tat umzusetzen. Und aus Erfahrung weiss er: «Worüber man sich heute aufregt, wird oft später Tradition.» Das Denken ausserhalb der Norm und das konsequente Simplifizieren zahlt sich aus: Das 120 m²-Designerhaus geht als «Low Budget Haus» durch.

Erich Brand vermietet das Solar-Stroh-Trigon als AirBnB-Ferienhaus oder wochenweise als Business Apartment. Mit einer Panoramasicht weit übers Gürbetal und den Belpberg hinaus hat es schon manche Gäste ins Schwärmen gebracht. Der Gastgeber, wohnhaft gleich nebenan, ist bereits dabei, nächste Projekte anzudenken.

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