Und dann.
Dann kam die grosse Flucht aus der Armut. Auch die Schweizer sprangen auf den Zug aus England auf – den Zug der Entwicklung. Und hier sind wir nun. Mit einem mittleren Schweizer Lohn bin ich reicher als 99 von 100 Menschen auf diesem Planeten. Ich mache mir keine Sorgen mehr, ob meine Kinder mit vollem Bauch zu Bett gehen. Im Gegenteil: Mir war es sogar in meinen ärmsten Zeiten möglich, manchmal auswärts zu essen.
Und was kann ich dafür?
Nichts! Ich hatte einfach Glück. Grosses Glück – genau in dieser Zeit auf diesem wunderbaren Flecken Erden geboren zu sein.
Die Freude an diesem Glück wird manchmal getrübt durch einen schlimmen Verdacht. Sind andere etwa darum arm, weil wir reich sind? Haben wir uns auf dem Weg aus der Armut die Hände dreckig gemacht? Natürlich ist da was dran. Wir sollten diesen Fehlern in die Augen schauen und sie wiedergutmachen. Und trotzdem
ist diese Schuldfrage eher ein Nebenschauplatz. Die grosse Frage ist nicht, was wir dafür können, dass andere arm sind, sondern was wir dagegen tun können.
Wir haben nämlich erstaunliche Möglichkeiten in unseren Händen! Ich muss dafür kein Bill Gates oder Bundesrat sein. Ein schlagkräftiges, aber oft belächeltes Mittel dafür sind Spenden. Zum Beispiel gemäss dem traditionellen Zehnten aus alter Zeit: Neun Teile behalten, einen Teil weitergeben. Schon als Durchschnittsschweizer kann ich damit unzähligen Mitmenschen die Tür zu einem blühenden Leben öffnen.
Jedenfalls, wenn ich es
schlau mache.*
Schlau spenden heisst, dorthin zu spenden, wo jeder Franken möglichst vielen Menschen hilft. Man muss dafür kein Erbsenzähler sein. Ob die Verwaltungskosten eines Hilfswerks etwas höher oder tiefer sind, fällt nicht so ins Gewicht. Was aber ins Gewicht fällt, ist, an welchen Nöten ein Hilfswerk arbeitet: Manche Nöte lassen sich enorm viel einfacher beheben als andere. Mein Spendenfranken hilft dann hundert- oder tausendmal so vielen Menschen. Eine einfache Daumenregel dabei ist, vor allem Mitmenschen im Ausland mit Spenden unterstützen. Dort kann schon mit sehr wenig Geld enorm viel erreicht werden.
Und: Geld weiterzugeben macht Freude. Unzählige Spruchkarten und Instagram Posts behaupten das ja. Glauben tun wir’s trotzdem meist nicht. Dabei ist es heute sogar wissenschaftlich erwiesen. Wenn Sie genug Experimentierlust haben, so rate ich Ihnen, beim Spenden mal mit der grossen Kelle anzurühren – und zu schauen, wie es sich anfühlt.
* Hervorragende und teilweise überraschende Tipps für schlaues Spenden gibt es auf www.effektiv-spenden.org
Dr. Dominic Roser