Den Kern bildet die Bevölkerung

Den Kern bildet die Bevölkerung

Weit unten blinzelt der Thunersee im Sonnenlicht. Dahinter verwandeln die Cumuluswolken die imposante Bergkulisse mit Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau zu immer neuen Gemälden. Willkommen im kleinen Dorf mit der grossen Aussicht.

Hat Burgistein gar die schönste Aussicht im Kanton? «Ich kenne Orte hier, von denen man das fast ein klein wenig behaupten dürfte», meint Gemeindepräsident Kurt Urfer. Sein Blick wandert von der Terrasse Richtung Schloss. «Vom Dach des Schlosses sieht man in den Jura, Richtung Luzern, auf die Jungfrauregion und ins Gantrischgebiet», schwärmt er von einem der Wahrzeichen des Dorfs.

Aus Burg wird Schloss

Dennoch: Burgistein ist ausserhalb der Region wenig bekannt, ausser bei jenen vielleicht, welche die Geschichte der Familie von Graffenried und damit jene des Schlosses studiert haben. Die erste schriftlichen Erwähnung Burgisteins datiert denn auch aus dem 13. Jahrhundert. Genauso alt sind auch die Schriftstücke, die im Schloss aufbewahrt werden. Damals stand aber noch kein Schloss am besagten Aussichtspunkt, sondern eine Burg – daher der Name Burgistein und nicht etwa Schlossistein. Es liegt auf der Hand, dass damals die Aussicht weniger Anlass zum Geniessen gab, dafür umsomehr einen Rundumblick, welcher der Sicherheit zuträglich war.

Eine andere Art Dorfkern

Schloss, Kirche, alte Mühle, währschafte Bauernhäuser; in Burgistein zieren sie keinen Dorfkern, sondern verteilen sich lose auf der oberen Gemeindefläche. «Wir ersetzen den Dorfkern mit Dorfleben. Mit dem diesjährigen Dorffest fiel der Startschuss für eine Vielzahl an Veranstaltungen, die wir jährlich anbieten möchten», erklärt Urfer. Der Gemeinderat kurbelt das Dorfleben an und bringt die lose verteilte Bevölkerung näher zusammen. «Nächstes Jahr wird das Dorffest noch einiges grösser», verrät der Präsident schon heute. Burgistein zieht mit seiner Idylle und dem Bahnanschluss in Burgistein Dorf neue Menschen an, viele sind gekommen, um zu bleiben. Die Bevölkerungszahl ist stabil und die Angebote für Wohnraum entsprechend selten vorhanden. Es ist die Bevölkerung, die in Burgistein den Dorfkern bildet.

Dem Naturpark verpflichtet

Und das bildet sich auch in der Politik ab. «Wir machen Gemeindepolitik und keine Parteipolitik, das heisst alle Branchen, Bereiche, Altersklassen und Geschlechter sollen vertreten sein. So erreichen wir einen guten Draht zu den Bürgerinnen und Bürgern», betont Urfer. Die Gemeindeversammlung erfreut sich entsprechend guter Besucherzahlen. Immer wieder ein Thema ist dabei der Naturpark Gantrisch. «Wir sind Unterstützer und Befürworter der ersten Stunde. Es ist eine gute Sache, dass es den Naturpark gibt», so der Präsident. Doch etwas macht ihm seit geraumer Zeit Sorgen: «Den Tourismus und die Besucherströme muss man im Zaum halten. Den Naturpark gibt es in erster Linie wegen der schönen und intakten Natur. Das sollte man nie vergessen», unterstreicht er.

Und schon landet das Gespräch wieder mitten in der schönen Gegend von Burgistein. Die Wolken haben inzwischen den Vorhang gezogen und die Bergkulisse schlafen geschickt. Die Schatten werden länger und der liebliche Ort taucht in die Abendstimmung ein. Wie auf Kommando erwachen die Vorplätze der Häuser im Dorf. Manche stallen ihre Tiere, andere pflegen den Garten und weitere kehren nach getaner Arbeit in ihr Heim zurück. Wenn dann Feierabend ist, werfen wohl alle noch schnell einen letzten Blick auf die Aussicht. Manche mit einem Schwatz über den Zaun oder gleich zu Gast bei Freunden. Denn Burgisteins Kern bildet die Bevölkerung.

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