Wichtige Fähigkeiten dafür scheinen mir das genaue Hinschauen und Zuhören, gute Fragen stellen, Geduld, Mut und Toleranz zu sein. Sich etwas zutrauen, etwas ausprobieren – selbst wenn man vorher noch nicht weiss, ob es funktioniert. Meine persönliche Heldin aus Kindertagen und noch heute ist Pippi Langstrumpf: «Ich habe so etwas noch nie gemacht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.» Gerade bei Frauen beobachte ich, dass sie viele Weiterbildungen machen und in der entscheidenden Situation doch zweifeln und sich fragen: «Bin ich gut genug?»
Sich etwas zutrauen und etwas ausprobieren: Das bewundere ich auch im Alltag. Unsere Tochter renoviert gerade mit ihrem Freund die eigene Wohnung. Es gibt nichts, was die beiden nicht selbst meistern. Sogar Dinge, die sie vorher noch nie gemacht haben, probieren sie einfach.
Lernen geschieht oft in kleinen Schritten und so langfristig, dass wir es gar nicht wahrnehmen. Wir können jedoch lernen, die kleinen Fortschritte bewusst wahrzunehmen: Was haben Sie in den letzten sechs Monaten erfahren, gelernt oder ausprobiert? Darauf dürfen Sie stolz sein.
Wenn Kinder und Jugendliche gefragt werden «Was willst Du werden?», zielt diese Frage meist auf einen Berufswunsch und eine Ausbildung ab. Eine zusätzliche Frage könnte in Richtung Herzens- und Charakterbildung gehen: «Was für ein Mensch willst Du werden?» Dazu fällt mir die Übung «Festrede zum 80sten Geburtstag» ein. Stellen Sie sich vor, dass anlässlich Ihres 80sten Geburtstages eine Fest-rede auf Sie gehalten wird. Was möchten Sie, dass über Sie gesagt wird – über Ihr Leben, über das, was Sie in Ihrem Leben bewirkt haben und über Ihre positiven Eigenschaften? Getrauen Sie sich, Ihr eigenes Leben zu leben und nicht das, was andere für Sie vorgesehen haben.
Bildungswünsche können auch auf Hindernisse stossen, wie zum Beispiel Geschlechterstereotypen. Mich würde es freuen, wenn Mädchen und Jungen ihren Neigungen entsprechend ihren Beruf wählen dürfen und es immer normaler wird, eine Bauingenieurin oder einen Mann in der Pflege zu sehen.
Wir lernen ein Leben lang und hören nie damit auf. Mir imponieren Menschen, die sich noch im höheren Alter an Neues wagen und im Gespräch mit den Jungen bleiben. Wir profitieren als ganze Gesellschaft vom generationenübergreifenden Lernen, d.h. wenn Junge von den Älteren lernen und umgekehrt.