Besucherlenkung für einen sanften Tourismus

Besucherlenkung für einen sanften Tourismus

In den kommenden Jahren fördert der Naturpark Gantrisch die Übernachtungen sowie die Besucherlenkung. Zudem sensibilisiert er die Bevölkerung verstärkt für die Themen des Naturparks.

Viele Menschen erleben hin und wieder Momente, in denen sie versuchen, verschiedenen Ansprüchen gerecht zu werden. Dabei blockieren sich diese Ansprüche meist gegenseitig. Zum Beispiel möchte jemand vielleicht viel Zeit mit seinen Kindern verbringen, gleichzeitig auf der Arbeit nur ungerne das Arbeitspensum reduzieren. Und natürlich soll noch Zeit bleiben, seinem Hobby nachzugehen, sich mit Freunden zu treffen und den Haushalt zu erledigen. Um diesen Spagat zu schaffen, müsste eine Person also mehr als nur zwei Beine haben. Zugegebenermassen hinkt dieses Bild, weil sich Menschen nicht zusätzliche Beine wachsen lassen können. Deshalb besteht die andere Lösung darin, in gewissen Lebensbereichen kürzer zu treten. Vor einer ähnlichen Herausforderung steht der Naturpark Gantrisch. Als Modellregion für nachhaltige Entwicklung orientiert er sich an den drei Säulen der Nachhaltigkeit, namentlich der Umwelt, der Gesellschaft und der Wirtschaft. Er möchte nach Absprache mit seinen Parkgemeinden eine nachhaltig betriebene Wirtschaft fördern und zeitgleich die Qualität von Natur sowie Landschaft erhalten und aufwerten.

Schneeschuhe und Motorräder

Wie Raphael Zahnd, Leiter Marketing und Kommunikation Naturpark Gantrisch, sagt, sei die Bandbreite der Bedürfnisse tatsächlich sehr hoch. «Das macht unsere Arbeit derart herausfordernd.» So fördere das Team des Naturparks Gantrisch auf der einen Seite aktiv sanfte Angebote wie beispielweise Wander- und Bike-Wochenenden oder neu auch Trailrunning-Weekends. Auf der anderen Seite beschäftige es sich gemeinsam mit den Gemeinden und dem Kanton intensiv mit den Themen Verkehrs- und Lärmbelastung, die durch Tagesgäste und Motorradfahrer verursacht werden. «Gerade wegen den Passfahrten mit erhöhtem Tempo und hoher Lärmbelastung erhalten wir von Jahr zu Jahr mehr Rückmeldungen von Ruhe suchenden Gästen», erklärt Zahnd. «Da wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten Massnahmen ergreifen.»

Besucherlenkung

Die wohl grösste Herausforderung besteht für den Naturpark Gantrisch in der Besucherlenkung. Grundsätzlich besteht das Ziel einer Besucherlenkung darin, die räumliche, zeitliche und zahlenmässige Verteilung von Besuchern in einem Gebiet zu beeinflussen, um negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Infrastruktur zu minimieren. Gleichzeitig soll ein positives Besuchererlebnis entstehen. «Wir investieren viel Zeit in die Planung und Umsetzung von Massnahmen für die Verbesserung der Besucherinformation und die Lenkung unserer Gäste», sagt Zahnd. «In der Moorlandschaft Gurnigel und an der Sense sollen die Auswirkungen der Erholungssuchenden auf Natur und Bewohner minimiert werden, beispielsweise mit dem Einsatz von Parkbotschaftern und dem Infomobil.» Aktuell arbeiteten sie zudem am Ersatz sämtlicher Informationstafeln im Gebiet rund um den Gurnigel und dem Selital-Schwarzenbühl, um den «Tafelsalat» aufzuheben. Und dank der Daten verschiedener Trackingapps weiss das Team vom Naturpark Gantrisch genau, welche Wege und Aktivitäten beliebt sind. So spazieren Besucher im Gurnigel lieber, als zu wandern. Deshalb setzt der Naturpark den Fokus dort auf Spazierwege. «Ein attraktives Angebot soll die Besuchende lenken, nicht irgendwelche Verbote», betont Zahnd.

Mit Sensibilisierung das Verhalten ändern

Im Vergleich zu einer klassischen Tourismusregion strebt der Naturpark Gantrisch aber nicht eine reine Erhöhung der Gästeanzahl an. «Wir wollen mit unseren touristischen Aktivitäten einen positiven Einfluss auf die Natur, die Gesellschaft und die Wirtschaft erreichen», so Zahnd. Zum Beispiel vermarkteten sie intensiv den Fahrradtourismus sowie die Übernachtungsangebote. Mit Erfolg. 2021 betrug die Anzahl Logiernächte rund 67000. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl auf 78000.

Neben dem Tourismus verweist Zahnd auf einen anderen wichtigen Auftrag des Naturparks: «Die Gemeinden und die Parkbevölkerung sind die wichtigsten Puzzlestücke, damit wir unsere Projekte erfolgreich umsetzen können. Deshalb wird der enge Kontakt zur Bevölkerung und die Möglichkeit, dass sich alle einbringen und mitgestalten können, eine der obersten Prioritäten sein.» Das Ziel sei es, die Menschen dabei zu unterstützen, sich an der nachhaltigen Entwicklung im Naturpark zu beteiligen und diese aktiv mitzugestalten.  «Deshalb ist unser Slogan für die nächsten Jahre: Dr Naturpark isch üsi Zuekunft

Auch wenn sich wissenschaftlich noch nicht wirklich feststellen lässt, ob sich das Verhalten von Besuchenden und der Parkbevölkerung verändert, lässt sich zumindest eine Tendenz erahnen. Der Naturpark arbeite schon seit vielen Jahren mit Schulen zusammen, aber die Nachfrage nach gemeinsamen Projekten und Exkursionen sei in letzter Zeit stark angestiegen. Ganz grundsätzlich sei die Bildung für nachhaltige Entwicklung präsenter geworden. «Zudem helfen acht von elf Gemeinden beim Projekt Lebendiges Gürbetal – jeder Quadratmeter zählt mit, Biodiversität anhand verschiedener Massnahmen zu fördern», sagt Zahnd. Und aktuell seien sie daran, den Ist-Zustand aufzunehmen, also die konkrete Einstellung der Menschen rund um das Thema Biodiversität. In drei Jahren würden sie die Einstellung wieder messen, um zu sehen, ob sie mit ihren Angeboten zu einer Verhaltensänderung beitragen konnten.

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Besucherlenkung für einen sanften Tourismus

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