Die Festbänke im Inneren sind dekoriert und eine Traube an Menschen erwartet freudig den Ehrengast. Doch die Familie Lüthi, Arbeitskollegen, Lehrpersonen und einige Mitmenschen, die für seine Rechte gekämpft haben, müssen sich noch eine ganze Weile gedulden. Dann endlich erhellt sein typisches Lächeln den Raum. Tesfom Andemariam betritt den Raum in den weissen Überhosen und mit leichter Verspätung. Er wollte noch seine Arbeit korrekt vollenden. Erst die Arbeit, dann die Gratulationen. Typisch Tesfom.
Recht erkämpft
Ein erstaunlicher junger Mann. Die lange Flucht aus Eritrea endete in der Schweiz und in einem System, das ihn erst auf die Wartebank, dann auf die Wegschaffungsbank und schliesslich wieder auf die Wartebank schickte. Statt Däumchen zu drehen, nahm er seine Ausbildung in die Hand. Ohne je zu wissen, ob er bleiben könne. Jürg Lüthi nahm sich seiner an und setzte sich als Arbeitgeber und Ausbildner auch dann noch für ihn ein, als es hoffnungslos schien und seine Abschiebung drohend bevorstand. Mit Schützenhilfe einiger Mitmenschen. Lernende, die nach dem alten Asylgesetz laufen und bereits eine Lehre absolvieren, müssen trotz fortgeschrittener Integration und besten Aussichten des Landes verwiesen werden. Diesen harten und mitunter komisch anmutenden Kurs bekräftigte sogar Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Doch die Staatsfrau hat die Rechnung ohne eine kleine Gruppe engagierter Menschen aus dem Gantrischgebiet gemacht. Bis zur obersten Instanz rekurrierten sie gegen die Entscheidungen. Und siehe da: Tesfom kann bleiben. Mehr noch, sein Fall legte den juristischen Grundstein, um auch viele andere solcher Fälle zu lösen. Es ist sozusagen nach Lex Koller oder Lex Friedrich die Lex Tesfom. Der vermutlich erste Rechtsentscheid von solcher Tragweite, den ein Geflohener je erzielt hat. Die Rechtssprechung hat die Politik korrigiert.
Mit Fleiss zum Preis
Und der Betroffene selbst, er ertrug die Leidenszeit, ohne klagen, dafür mit umso mehr Dankbarkeit und mit einem Lächeln, das längst zu seinem Markenzeichen geworden ist. Der einzige Moment, an dem das Lächeln etwas verhaltener ausfiel, waren all die Lobreden verschiedener Menschen während der Feierlichkeiten. Tesfom steht nicht so gerne im Mittelpunkt, aber für einmal musste es sein. Für einen Menschen, der in mehrerlei Hinsicht einen weiten Weg gegangen ist. Das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis als Maler EFZ hat er übrigens nicht einfach nur bestanden, nein er hat mit soliden Noten und einer herausragenden praktischen Prüfung keinen Zweifel an seinen erlernten Fähigkeiten gelassen. Und worüber spricht er mit einem seiner Lehrer? Über den Bereich, den er gerne noch verbessern würde.
Das Vorbild
Er hat eine Leidenszeit überstanden und die Prüfung bestanden. Und er tat dies in einer Art und Weise, die für uns alle als Vorbild gelten kann. Wenn es uns je schlecht ergehen sollte, lohnt sich ein Gedanke an diesen jungen Eriträer. Schwere Zeiten gehen vorbei, Mitmenschen reichen die helfende Hand, eine innere Einsicht, dass man gewisse Dinge nicht alleine ändern kann, und eine Wertschätzung für das, was da ist. Eine Wertschätzung, die bei Tesfom stets mit einem Lächeln daherkommt. Und nun hat er endlich gut lachen. Zu recht und verdient. Das ist die Geschichte von Tesfom Andemariam, sie trägt den Titel «Die Leiden und das Lächeln.»