Der Burgisteiner Philipp Mösch ist Bereichsleiter Waldwirtschaft in der Waldabteilung Voralpen der Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion des Kantons Bern.
Philipp Mösch, wurden in der Region Gantrisch grosse Sturmschäden angerichtet?
Dass so viele Starkwindereignisse aufeinander folgten, hat mich überrascht. Zum Glück sind die Schäden nicht dramatisch ausgefallen. Im Gegensatz zu Lothar oder Burglind gab es diesmal kaum Flächenschäden; es sind meist Einzelbäume oder Kleingruppen umgefallen – rund ein bis zwei Bäume pro Hektar. Somit haben wir rund ein Drittel der Schäden von Burglind. Die Einzel- oder Streuschäden machen allerdings die Aufräumarbeiten komplizierter. Man muss die ganzen Gerätschaften aufwendig von Baum zu Baum zügeln.
Kann man solche Einzelbäume nicht einfach liegen lassen?
Nein, im Gegenteil. Gerade Streuschäden bei Fichten müssen so schnell als möglich aufgeräumt werden. Der Borkenkäfer findet sonst überall Brutmaterial und geht nach dem Schwärmen an die zwar
noch stehenden, aber vom Sturm geschwächten Nachbarbäume. Nach dem Sturm Burglind und zwei extrem trockenen Jahren sowie frühen Wärmephasen hat es eine grosse Menge an Borkenkäfern – das Zerstörungspotential ist riesig. Darum zählt der Forstdienst darauf, dass die Waldbesitzer ihre Wälder auch selber überwachen. Bis im April sollte das Holz gerüstet worden sein. In den oberen Lagen, wo noch lange Schnee liegt, kann es gegen Mitte Jahr werden.
Was muss bei den Aufräumarbeiten beachtet werden?
Die umgestürzten Bäume müssen entweder entrindet oder aus dem Wald abgeführt werden. Ob die Waldbesitzer dies selbst erledigen oder es an ein Unternehmen abgeben, spielt keine Rolle. Allerdings ist das Aufräumen von Sturmschäden sehr gefährlich; gute Fachkenntnisse sind nötig: Die Bäume stehen unter Spannung; bereits kleine Fehler können zu gravierenden Unfällen führen.
Wie sind unsere Wälder für zukünftige Stürme aufgestellt?
Tendenziell sind die westexponierten Flanken und Wälder stärker betroffen. Nebst Lothar – der eine Katastrophe war –
und Burglind gab es immer wieder kleinere Stürme. Bei all diesen Ereignissen sind viele Bäume – auch instabile – umgefallen. Natürlich, bei Böenspitzen wie bei Lothar oder auch Burglind, hält kein Baum mehr stand. Der junge Baumbestand ist sturmsicherer, vor allem, wenn der Jungwald mit verschiedenen heimischen Baum-
arten aufgebaut ist. Umso wichtiger, dass wir unsere Wälder laufend verjüngen. So haben wir bereits ein Startkapital, wenn ein Sturm die grossen Bäume umwirft. Ohne Vorverjüngung nehmen schnell die Brombeeren überhand und die Wiederbewaldung dauert länger.
Was erwartet uns sonst noch im Hinblick aufs Klima?
Wir erwarten heissere und trockenere Sommer, in den Übergangszeiten sowie im Winter mehr Nässe, heftigere Temperaturwechsel und mehr Energie in der Luft, also mehr und stärkere Stürme. Eigentlich sehen wir all dies bereits jetzt. Auch verändert sich die Zusammensetzung des Waldes: Die Buche wächst in Tannenwälder hinein. In tieferen Lagen wird sie durch andere Bäume bedrängt, die nachrutschen. Im Raum Gantrisch haben wir aber viele Waldflächen oberhalb von 1000 Metern, zudem sind die Böden gut mit Wasser versorgt. Darum werden bei uns die Veränderungen wahrscheinlich weniger stark sein als etwa am Jurasüdhang oder auch in trockenen, felsnahen Wäldern am Westhang des Belpbergs. Dennoch müssen wir bei der Baumartenwahl schon jetzt auch andere Arten einbringen, welche Trockenheit und Wärme besser ertragen.