Ende 2023 war laut dem Bundesamt für Statistik rund ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung unter 20 Jahre alt. Zwar erhalten junge Menschen das Stimm- und Wahlrecht erst mit dem 18. Geburtstag, doch politische Teilhabe beginnt häufig früher. Der Dachverband Schweizer Jugendparlamente zählt rund 80 Gremien auf kommunaler, regionaler und kantonaler Ebene, die die Interessen der Jugend vertreten und demokratische Prozesse aktiv mitgestalten. So wird Partizipation nicht nur zur Erfahrung von Selbstwirksamkeit, sondern auch zur Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft. Auch in der Kinder- und Jugendfachstelle Region Gantrisch ist politische Mitwirkung seit langem ein zentrales Anliegen. In einigen Gemeinden steht Jugendlichen ab dem 13. Lebensjahr das sogenannte Jugendmitwirkungsrecht offen – ein Initiativrecht, das durch eine Anpassung der jeweiligen Gemeindeverordnung eingeführt wird. Ob und in welcher Form dieses Recht gilt, lässt sich den offiziellen Webseiten der betreffenden Gemeinden entnehmen. Die Schwelle für politische Mitwirkung, so betont Matthias Zbinden, Leiter der Fachstelle, solle dort liegen, wo realistische Ideen mit echtem Umsetzungspotenzial eine Chance erhalten.
Partizipation dank Inklusion
Exemplarisch zeigt sich die Wirkung formalisierter Beteiligungsrechte in Kaufdorf. Dort wurde das Jugendmitwirkungsrecht bereits 2022 in der kommunalen Verordnung verankert. Seither können die nachrückenden Generationen Anliegen einreichen, die ihr unmittelbares Lebensumfeld betreffen. Ein standardisiertes Verfahren regelt die Eingabe: Ein bis drei Hauptinitianten formulieren den Antrag, weitere Jugendliche leisten ihre Unterschrift. Nach Einreichung bei der Gemeindeschreiberei nimmt der Gemeinderat innert drei Monaten Stellung. Wird das Anliegen als erheblich eingestuft, erfolgt die Umsetzung innerhalb eines Jahres – unter Mitwirkung der Initianten sowie der Kinder- und Jugendarbeit Gantrisch. Der 16-jährige Yuri Egger, angehender Mediamatiker, hat diesen Weg gemeinsam mit seinem Umfeld beschritten: «Wir haben einen Antrag für einen Bike-Trail gestellt, weil wir einen Ort brauchten, an dem wir unsere Leidenschaft ausleben können», erklärt er. Ein greifbares Beispiel dafür, wie sich junge Menschen einbringen – und Veränderung anstossen.
Schaufel, Pickel – oder gleich der Bagger?
Die Umsetzung des Projekts wurde insbesondere von Gemeinderätin Beatrice Vogt begleitet. Nach umfassenden Gesprächen mit allen Beteiligten sowie der Prüfung und Genehmigung des Konzepts erteilte der Gemeinderat am 5. November des vergangenen Jahres schliesslich grünes Licht. Das Vorhaben: ein Bike-Trail östlich des Roten Platzes beim Schulhaus. Vorgesehen war eine Terrainmodellierung mit Höhendifferenzen von bis zu 1,20 Metern und einer Erdverschiebung von maximal 100 Kubikmetern – ein Umfang, der keine formelle Baubewilligung erforderlich machte. Es folgten ein Informationsschreiben an die Anwohnerschaft sowie eine Nutzungsvereinbarung. Nach einer dreitägigen Bauphase mit Bagger, Schaufel und Pickel nahm der Trail schliesslich Gestalt an – in gemeinschaftlicher Arbeit buchstäblich aus dem Boden gestampft.
Vom Antrag zur Realität: Ein Bike-Trail wird Wirklichkeit
Am Samstag, den 26. April, bei herrlichem Frühlingswetter, erlebten zahlreiche Teilnehmende, wie aus einem Jugendmitwirkungsantrag ein Bike-Trail wurde. Bereits um 13 Uhr standen viele gespannt bereit, um die erste Fahrt zu erleben. Nach einführenden Worten von Beatrice Vogt und Mitinitiator Yuri, der als erster die Strecke befuhr, wurde das Band durchschnitten – ein symbolischer Moment, der zeigte, wie Hürden gemeinsam überwunden werden können. «Wir sind stolz, dieses Projekt nach langer Planung nun Realität werden zu lassen. Es zeigt, wie wichtig es ist, dass sich die Jugend aktiv in ihrer Gemeinde engagiert und ihre Ideen verwirklicht», betonte die Gemeinderätin.
Demokratie von Anfang an
Fest steht: Der Nachwuchs der Region verfügt über tragfähige Kanäle politischer Mitbestimmung. Umso wichtiger ist es, dass Politik und Gesellschaft nicht nur Strukturen schaffen, sondern auch aktiv zuhören. Junge Menschen sind die Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebensrealität – ihre Perspektive ist nicht bloss ein Nebenaspekt, sondern das Fundament einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Die entscheidende Frage lautet daher nicht, ob wir ihnen Gehör schenken, sondern ob wir es uns leisten können, es nicht zu tun?