Michael Kropf ist wenige Wochen vor der Eröffnung ein vielgefragter Mann. Immer wieder klingelt sein Handy, müssen dringende Fragen beantwortet werden. «Ich nehme mir gerne Zeit dafür», sagt er, und lässt sich keinen Stress anmerken. Der Geschäftsführer arbeitet seit gut zweieinhalb Jahren auf diesen Moment hin.
Vom Weltall zum Betrachtenden
Vom Space Eye ist auf der Uecht ob Niedermuhlern, neben dem Sonnenturm und der alten Schärer-Sternwarte, nur das filigrane und doch markante «Auge» zu sehen, auf dessen Dach die Kuppel mit dem schweizweit grössten und öffentlich zugänglichen Teleskop thront. Der Eingang nämlich führt die Besuchenden erstmal unter die Erde. Dort erwartet sie um den Kern angeordnete, multimediale Ausstellungsfläche. «Wir wollen Wissen gut verständlich, auch spielerisch, vermitteln und immer wieder den Bezug zur Region sowie zu den Betrachtenden selbst herstellen», beschreibt Kropf das Konzept. Die aktuelle Fokus-Ausstellung dreht sich um den Einfluss der Lichtverschmutzung auf Nachtbestäuber im Naturpark Gantrisch. Nebenan informieren extra fürs Space Eye entwickelte Touchscreens, Bildschirme und Multimedia-Tische sowie ein eindrückliches Relief über Umweltthemen. Die Klimaerwärmung etwa wird so beobachtbar, am Bildschirm nebenan sieht man, welche Satelliten aktuell in Gebrauch sind, um den Mobilfunk oder GPS-Daten nutzen zu können. Im grössten Raum steht der Prototyp eines «ATV» – des «Automated Transfer Vehicle», das die RUAG Space für den Transport zur Internationalen Weltraumstation ISS entwickelte. Darum herum informieren Partnerinstitutionen über weitere Schweizer Beteiligungen an Raumfahrtprojekten.
Reise ins Universum
Herzstück des unterirdischen Zentrums ist das Planetarium mit 82 Sitzplätzen. Es ermöglicht in 8K-Qualität virtuelle Reisen bis ans «Ende» des Universums und kann praktisch sämtliche bisher bekannten Objekte darstellen. Space Guides – davon die Mehrheit aus der Region – können die Besuchenden sogar je 6000 Jahre zurück- oder in die Zukunft versetzen und das Weltall über eine Zeitspanne von 12’000 Jahren darstellen.
Abends und bei klarem Himmel können die angereisten Gäste den Turm besteigen und durch das Okular des Teleskops mit eigenen Augen Himmelskörper betrachten. «Es ist erstaunlich, was dies mit einem macht», erzählt Kropf. Obwohl das Live-Bild im Vergleich zu den langzeitbelichteten Fotos nur schwarz-weiss sei, löse es beim Betrachtenden etwas aus. Planeten oder Sterne mit eigenen Augen zu sehen sei wie ein erster Tauchgang, ein Dimensionensprung. «Viele Gäste erfahren hierbei das Gefühl einer Auseinandersetzung mit dem Universum – ja, mit dem Leben.»
Erlebnisweg oder Space (Eye)-Shuttle
Das hauptsächlich von Privaten und Firmen, aber auch vom Lotteriefonds, dem Kanton Bern und Gemeinden finanzierte Space Eye wird an drei Nachmittagen und zwei Abenden pro Woche für individuelle Besuche geöffnet sein, es sollten circa dreieinhalb Stunden eingeplant werden. Konzipiert sind Ausstellung, Planetarium-Show und Teleskopbesuch für Erwachsene und Heranwachsende ab 12 Jahren, «aber auch interessierte Achtjährige werden viel mitnehmen können», so der Geschäftsführer. Und wie gelangt man auf die zwar nah an der Stadt gelegene, aber doch nicht so zentrale Uecht? Besucherparkplätze gibt es vor Ort keine, das Auto darf zuhause oder in Niedermuhlern bleiben. Das Dorf ist per Postauto von Kehrsatz, Köniz oder Riggisberg her gut erreichbar. Zu Beginn und Ende der allgemeinen Öffnungszeiten ist ab dort ein Shuttledienst in Betrieb. Michael Kropf empfiehlt den Fussweg über den eigens erstellten Erlebnispfad: «Man lernt viel dabei und kann zudem gemächlichen Schrittes den Alltag hinter sich lassen. Ja, wir haben ein Hightech-Planetarium, viele Bildschirme und das grösste Teleskop. Aber wir sind auch ein Ort der Ruhe und Reflexion.»