Für den Schweizer Verband «Swiss Cycling» ist Christa von Niederhäusern ein sicherer Wert und eine Medaillengarantin. An der erstmals ausgetragenen Pumptrack-WM 2018 in Springdale Arkansas (USA) holte sie sich den WM-Titel. An der Weltmeisterschaft 2019 im «Swiss Bike Park» in Oberried fuhr sie auf den 3. Rang. Im Jahr 2020 fanden aufgrund der Pandemie keine Welttitelkämpfe statt und an der WM 2021 in Lissabon (POR) gewann sie erneut Bronze. Trotz des WM-Sieges 2018 fehlt der sympathischen Spitzensportlerin ausgerechnet das heissbegehrte, weisse WM-Trikot mit den fünf Farbstreifen. Weshalb? Die BMX- und Pumptrack-Weltmeisterschaften werden erst seit 2019 durch den UCI-Radsport-Weltverband ausgetragen, der WM-Trikots vergibt. Von Niederhäusern ist zudem Pumptrack-Vize-Schweizermeisterin 2021.
Vollgepackte Tage
«Great things don’t come from comfort zones» steht in ihrem Zimmer im Elternhaus geschrieben. Es ist ihr Lebensleitsatz. Von Niederhäusern ist sowohl beim Sport als auch beim Studium eine seriöse und stille «Chrampferin». Ehrgeizig, gut organisiert und selbstdiszipliniert sei sie, gibt die 1.65 Meter grosse und schlanke Athletin selbstbewusst zu. Nach dem Gymnasium in Thun begann sie im Herbst 2017 das Medizinstudium an der Uni Freiburg. Täglich fährt sie mit Postauto und Zug von Wattenwil in die Zähringerstadt an der Saane und zurück. Rund 90 Minuten dauert ein Weg. «Im Zug kann ich auf dem Laptop arbeiten, lernen oder mich auf eine Prüfung vorbereiten. Mit dem Auto könnte ich einen kürzeren Weg fahren, wäre aber während dieser Zeit nicht produktiv.» Am Abend und an den Wochenenden kommt noch das Training hinzu. «Der Montag ist aus sportlicher Sicht jeweils mein Ruhetag», sagt sie schmunzelnd. Bislang war ihr Studium an der Uni Freiburg mit fixem Stundenplan geregelt. Im Januar begann das klinische Praktikum am Kantonsspital Freiburg, was mit unregelmässigen Arbeitszeiten verbunden ist. «Nun muss ich das Training flexibel danach ausrichten.»
BMX und Pumptrack
Zu ihrem Sport fand sie als Zehnjährige, als sie ihrem jüngeren Bruder Nils bei seinen BMX-Trainings im Nachbardorf Blumenstein zusah. Bald reichte Zuschauen nicht mehr. Sie wollte das selbst ausprobieren und fand rasch Gefallen daran. Mit der Aufnahme ins Nationalkader im Jahr 2017 steigerte sie den Trainingsumfang kontinuierlich. Sie trainiert auf der BMX-Anlage im Nachbardorf Blumenstein, in der Westschweiz und auf der Strecke von «Swiss Cycling» in Grenchen. Seit Jahren fährt die ganze Familie über Weihnachten und Neujahr nach Alicante zum Trainieren. Ebenso begleiten die Eltern sie an die Europa- und Weltcup-Wettkämpfe in Frankreich, Italien, Belgien, England, Dänemark. Nur bei den Pumptrack-Weltmeisterschaften konnten sie nicht immer dabei sein. Mittlerweile fährt auch ihr Cousin Matteo im U19-BMX-Nationalkader. Von Niederhäusern gehört zum Team von «Cycleworks Syndicate» aus Alchenflüh. Die gesamte Familie ist Mitglied im BMX-Club Blumenstein. Ihr Vater war früher dort Trainer und davor selbst aktiv. Einmal pro Jahr leitet er noch den BMX-Einführungskurs.
Obwohl ihr Wohnort am Rande des «Naturparks Gantrisch» liegt, ist sie im Park selten anzutreffen. «Nur ein- bis zweimal pro Jahr auf einer Wanderung oder beim Fondue-Essen im Freien. In der knapp bemessenen Freizeit pflege ich gerne meinen Freundeskreis und lese vorwiegend Krimis.»
Was, wenn sie an der Pumptrack-WM diesen Herbst (Ort und Datum ist noch nicht bekannt) erneut reüssiert und zuoberst auf dem Treppchen ins WM-Trikot schlüpft? Hätte sie Zuhause einen würdigen Platz für das Objekt ihrer Begierde? «An der Wand in meinem Zimmer hängt bereits der Rahmen meines erstes Pumptrack-Bikes, daneben würde das Trikot perfekt zur Geltung kommen», erklärt sie lachend. «Aber zuerst muss ich die Qualifikation schaffen und an der WM das Finale erreichen. Und da gehört immer auch etwas Glück dazu.»