«Ich habe gegen Svenja»

«Ich habe gegen Svenja»

Sie ist eine von nur 5 Frauen im gut 50-köpfigen Schweizer Nationalkader im Ringen. Sie ist U17-Vize-Weltmeisterin, U17-Vize-Europameisterin, U17-Bronze-Europameisterin und U20-EM-Silbermedaillengewinnerin. Kurz: Svenja Jungo ist eine der vielversprechendsten Nachwuchshoffnungen der Schweiz und hat sich auch auf internationalem Niveau längst einen Namen gemacht.

Ganz überraschend kommt das nicht. Ist doch die Ringerstaffel Sense nebst Domdidier einer von nur zwei Freiburger Ringclubs, bei dem zudem Jungos Vater Pascal seit eh und je eine wichtige Rolle spielt. «Schon als Vierjährige begleitete ich ihn jeweils mit an die Trainings», erzählt die Heitenriederin. Vorerst aber probiert sie Kindertanzen aus, besucht das Muki-Turnen, ab dem Kindergarten auch das Kinderturnen, zudem beginnt sie selbst mit dem Ringen. Mehrere Jahre laufen Leichtathletik und Ringen parallel, aber «irgendwann musste ich mich entscheiden.»

Antike Sportart – und männerdominiert
Ringen, die erste olympische Sportart, hat Wurzeln bis tief in die Antike. «Schon die griechischen Götter rangen miteinander», sagt die 19-Jährige fast ehrfürchtig. Und, könnte man anfügen, der biblische Jakob mit einem Engel. Jeder Kampf sei anders, kein Angriff komme gleich heraus. Immer wieder neue Gegnerinnen machen Training und Kampf abwechslungsreich. Und, ein weiterer Punkt, warum Klein-Svenja immer wieder gern im Ring stand: «In den Anfangsjahren war ich meist das einzige Mädchen und kämpfte viel gegen Buben. Diese lachten, wenn sie mich sahen.» «Haha, ich habe gegen ein Mädchen», habe es jeweils geheissen. «Umso grösser war meine Freude, wenn ich gegen diese Buben gewann», gibt sie mit einem verschmitzten Lächeln zu. Und bald einmal hätten die herablassenden Sprüche aufgehört. «Dann sagten sie respektvoll: ‹Ich habe gegen Svenja›.» 

Sieger nach Punkten
Im Gegensatz zum Schwingen können sich Ringerinnen und Ringer mitsamt Gegner über den Rücken drehen, ohne deshalb zu verlieren. Wirft Jungo ihre Gegnerin aus dem Stand auf den Rücken, erhält sie vier Punkte, aus grösserer Höhe deren fünf. Legt sie sie aber aus dem Bodenkampf heraus hin, gibt es nur zwei Punkte. Bei zehn Punkten Differenz ist der Kampf beendet, ebenfalls nach sechs Minuten. Bei den Frauen gibt es 10 Gewichtskategorien, bei den Männern hingegen deren 30, denn bei ihnen unterscheidet man noch zwischen den Spielarten Freistil (wie bei den Frauen) oder griechisch-römisch (oberhalb der Gürtellinie). Jungo kämpft derzeit in der untersten Kategorie, bis 50 kg. «Es gehört am Morgen einfach dazu, routinemässig auf die Waage zu stehen.» Sie versucht, ihr Gewicht möglichst stabil zu halten. «Ich mag es nicht, auf einen Wettkampf hin noch zu- oder abnehmen zu müssen.» 

Seit 15 im Leistungszentrum
Seit sie 15 Jahre alt ist, lebt die Senslerin in Freiburg im Breisgau in einer eigenen Wohnung und trainiert am Olympischen Leistungszentrum bei ihrem Hinzug war sie schon seit einem Jahr im Nationalkader. Doch es fehlten die Trainingspartnerinnen und Trainingspartner. «Beim Leistungssport muss man auch vormittags trainieren können», erklärt sie. In Freiburg war dies möglich, gleichzeitig machte sie ihr Abitur, das sie letzten Sommer abschloss. Im vergangenen Jahr absovierte sie in Magglingen die Spitzensport-RS: «Wir hatten super Trainer dort oben.» Nun geht es bald zurück nach Süddeutschland. Nebst dem Ringen nimmt Jungo ihr Studium in Geschichte und Kognitionswissenschaft sowie das kleine Latinum in Angriff. Ein happiges Programm, neben wöchentlich mehreren Krafttrainings, zwei Ausdauereinheiten und rund vier Mattentrainings. Jedes Jahr steht eine EM und eine WM an. Und die olympischen Spiele? «Diesen Traum hege ich schon seit dem Kindergarten.» Der Qualifikationsmodus sei aber äusserst schwierig für Europäer. 

Bis 2028 sind es ja noch vier Jahre. Wenn Svenja Jungo so weiterringt wie bisher, werden vielleicht in Los Angeles Top-Ringerinnen sagen: «I have against Svenja.»

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