Die über 60 Kilometer lange Route mit beachtlichen rund 6000 Höhenmetern, die sich Ruedi Horber zusammengestellt hat, ist nichts für Anfängerinnen und Anfänger. Doch wer den Weg auf sich nimmt, dem bietet sich ein einmaliges Erlebnis in einer abwechslungsreichen und naturbelassenen Umgebung. Stundenlang wandert man durch die oft menschenleere Berglandschaft, manche Abschnitte bergen Herausforderungen: «Nicht überall sind offizielle und beschilderte Wege vorhanden. Wer auf dem steinigen und teils unwegsamen Gelände nicht die Orientierung verlieren will, muss sich seriös vorbereiten und die richtige Ausrüstung dabeihaben», so der erfahrene Alpinist. Vorsicht ist auch geboten bei den Kuhherden, welche mit ihren Schutzhunden die Begehung von gewissen Wegstücken erschweren. «Am besten, Wanderer informieren sich vorab bei der Stelle ‹Herdenschutz Schweiz› im Internet», empfiehlt Horber.
Die Idee
Der pensionierte Berglaufsportler liess sich für seine Wanderung im Gantrischgebiet durch das wilde Gebirgsmassiv des Naturparks Bauges in den französischen Alpen inspirieren. Die Region wirbt erfolgreich mit ihren 14 Zweitausendern und zieht zahlreiche Wanderer und Trailrunner an. Selbst unterwegs auf den französischen Gipfeln fasste Horber den Entschluss, so eine Tour im Naturpark Gantrisch auf die Beine zu stellen. Nach längerer Planung machte sich der Niederscherler im Sommer 2022 auf den Weg und legte die 60 km lange Route innerhalb von drei Tagen zurück. «Für trainierte Trailrunner ist die Strecke vom Schwarzsee bis zum Stockhorn in einem Tag zu schaffen. Für gute Wanderer in zwei bis drei Tagen mit Übernachtungsmöglichkeiten im Restaurant Hirschen Sangernboden, in der Unteren Gantrischhütte oder der Alp Mittliste Morgete und nach dem erfolgten Einbau von Hotelzimmern auch im Bergrestaurant Stockhorn», sagt er und ergänzt schmunzelnd: «Wer es gemütlicher will, nimmt den umgekehrten Weg vom Stockhorn zum Schwarzsee oder lässt die Gipfel links liegen und bleibt auf den markierten Wanderwegen.»
Der Ruf der Berge
Aus beruflichen Gründen verliess Horber vor rund 40 Jahren seinen Heimatort Zug. Der ehemalige Chefökonom und Ressortleiter des Schweizerischen Gewerbeverbandes hat zusammen mit seiner Frau in Niederscherli eine neue Bleibe gefunden: Stadtnah und nicht weit vom Gantrisch-Gebiet. «Als ich noch intensiv im Arbeitsleben eingespannt war, fand ich in den Bergen Erholung und den Ausgleich zum stressigen Alltag», so der Mitinitiant vom 2007 eröffneten Klettersteig Gantrisch. «In den Bergen kann man die Natur mit allen Sinnen erleben. Die schnelle Wechselwirkung der verschiedenen Wetterstimmungen imponiert mir.»
Seine Sehnsucht nach den Bergen lässt den heute selbstständigen Polit- und Wirtschaftsberater auch immer wieder in die Ferne reisen. Er unternahm Trekkingreisen unter anderem nach Bolivien, Chile und Ecuador. Bergwelten faszinieren den Trailrunner seit Kindsbeinen an. Bereits als Fünfjähriger unternahm er mit seinen Eltern Bergtouren. Jede einzelne Wanderung hält Horber gewissenhaft in einem Tourenbuch fest, auch die aus seiner Kindheit: «Ich rekonstruierte die frühesten Wanderungen zusammen mit meinen Eltern», erzählt der Vater von zwei erwachsen Söhnen. Die Notizen aus den letzten 60 Jahren waren die Grundlage für sein im Jahr 2018 veröffentlichtes Buch «höher und höher», in dem der Autor 90 Bergtouren – vom kleinen Hügel bis zum Sechstausender – vorstellt.
Immer in Bewegung
Damit er die Kondition für die anspruchsvollen Bergtouren nicht verliert, geht er regelmässig joggen. Daneben halten ihn auch das Haus, der Garten und die Grosskinder auf Trab. Genug Puste wird der Abenteurer wahrlich noch benötigen, denn seine Liste mit sportlichen Herausforderungen ist lang: «Rund 30 Berge stehen noch auf meiner Liste, die ich zusammen mit meiner Frau besteigen möchte.» Nach dem Erklimmen der Gipfel gönnt sich das Paar auch Ruhepausen am Strand und kulinarische Höhepunkte. «Der Genuss darf nicht zu kurz kommen», sagt er. Doch auch hier hat Horber ein Motto, dem er stets treu blieb: «Zuerst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen.»
14 Gantrisch-Zweitausender
Kaiseregg 2185 m, Widdersgalm 2174 m, Schafarnisch 2107 m, Märe 2087 m, Schibe 2151 m, Widdersgrind 2104 m, Alpligenmäre Westgipfel 2044 m, Ochsen 2188 m, Bürglen 2165 m, Gemsflue 2154 m, Gantrisch 2175 m, Homad 2076 m, Möntschelenspitz 2021 m, Stockhorn 2190 m