Herzenswünsche kennen vermutlich alle. Vielleicht ist es eine mehrmonatige Auszeit, ein eigenes Atelier zum kreativen Austoben oder ein bestimmter Gegenstand. Eher ungewohnt mutet da der Wunsch von Brigitte Daxelhoffer an. «Mein Herzenswunsch ist es, in diesem Jahr 1000km (mit ca. 60’000hm) in 13 Tagen zu laufen, in der Hoffnung, mit eurer Hilfe etwas Gutes in der Welt bewegen zu können.» So steht es auf ihrer Webseite «Run For Hope» (dt. «Rennen für Hoffnung»). Tagelang durch die Berge rennen? Das klingt anstrengend, kräftezehrend und erschöpfend.
Faszinierende Leichtigkeit
Brigitte Daxelhoffer, die Frau hinter diesem aussergewöhnlichen Herzenswunsch, lacht. Braungebrannt, offen und herzlich berichtigt sie: «Berge hochzurennen ist für mich etwas Erleichterndes– man kann einfach drauflos.» Keine schweren Bergschuhe, kein unnötiges Material. Der Gipfel das Ziel, das Panorama die Belohnung. «Diese Leichtigkeit finde ich wunderschön!», strahlt die Sportlerin. Man glaubt es ihr. Dass sie den Bergen und dem Trailrunning mit solcher Leidenschaft verfallen würde, verdankt sie dem Zufall. Sport habe sie immer gerne gemacht, am liebsten hätte sie eine Leichtathletik-Laufbahn verfolgt. Aber das war ja nichts «Rechtes». Doch im Alter von 25 Jahren erhielt sie unverhofft eine grossartige Chance. Ein Freund konnte seinen Startplatz für einen Marathon nicht wahrnehmen und suchte Ersatz. Daxelhoffer sprang ein. Danach ging es Schlag auf Schlag: erster Marathon, Training in einer Laufgruppe, Jungfraumarathon, Bergläufe.
Mystische Berge
Besonders der Gantrisch hat es Brigitte Daxelhoffer angetan. «Berge haben mir immer schon wahnsinnig gefallen. Aber der Gantrisch ist mein absoluter Lieblingsberg, mein Kraftort», erklärt sie. Immer wieder kehrt sie nach Bergtouren in der ganzen Welt zum markanten Koloss zurück. Nirgends in der Welt erlebt sie die Berge so intensiv oder hat sie ein Berg so berührt wie dieser hier vor ihrer Haustüre. Ausser in Nepal. Der Ama Dablan, so erzählt sie, sei ein genauso magischer Berg. Kraftvoll und mystisch. Gebetsfahnen und -trommeln, wie sie in Nepal üblich sind, verstärken diesen Eindruck noch. Brigitte Daxelhoffer kennt sich im Gebirge dieses Landes aus. Mehrere Touren haben sie bereits dorthin geführt, auch den «Everest Trek» hat sie unter die Füsse genommen. Mit einschneidenden Folgen. Beim Aufstieg wurde sie höhenkrank und musste abbrechen. Der Bergführer begleitete sie auf dem Abstieg. «Die bedingungslose Hilfsbereitschaft war beeindruckend», erinnert sich Daxelhoffer. Sie lernte seine Familie kennen, der Kontakt hielt. Als der hilfsbereite Nepalese ein Jahr später starb, stand dessen junge Frau mit zwei kleinen Kindern plötzlich ohne Absicherung da. «Da war mir klar, dass ich etwas machen, etwas bewegen will», erinnert sich Brigitte Daxelhoffer.
Laufen für mehr Gerechtigkeit
Die Burgisteinerin ist eine Frau der Tat. 2014 gründete sie zusammen mit ihrer Schwester «Run For Hope». In einem ersten Lauf über 100 Kilometer wollte sie Geld sammeln, um der Tochter ihres verstorbenen Freundes die Schulbildung zu ermöglichen. 20’000 Franken kamen zusammen. Daxelhoffer reiste persönlich nach Nepal, um den Schulplatz zu besichtigen und das Geld direkt an die Bildungsinstitution zu bezahlen. Sicher ist sicher – die Not zwingt oft zu anderweitigen Ausgaben. Seit damals hat Brigitte Daxelhoffer in enger Zusammenarbeit mit «Chance Swiss», einer kleinen Hilfsorganisation aus Thun, zahlreiche Projekte in Nepal und Teilen Indiens unterstützt. Der Fokus ist klar: Kampf gegen Menschenhandel, Unterstützung von Frauen und Kindern, Ermöglichung von Bildung. Mit Läufen durch die Sahara, Wales oder nach Monaco sammelte Brigitte Daxelhoffer jährlich Spenden, welche direkt vor Ort in eng begleitete Projekte fliessen.
Aufhören ist kein Thema
Dass sie Gutes tun mit ihrer Leidenschaft für Berge und fürs Laufen kombinieren kann, ist ein Glück. Die Routen stellt sie sich selbst zusammen. Vorbereiten auf ihre Läufe muss sie sich auf ihre eigene Weise. «Ich habe nicht die Zeit, täglich vier Stunden zu rennen», erklärt sie. Neben ihrer Arbeit als Coach für Leistungs- und Spitzensportler und -sportlerinnen, als Beraterin für Medizinprodukte und Pharmafirmen und ihrer Familienarbeit liegt stundenlanges Training nicht drin. Vielmehr übe sie im Alltag mentale Fertigkeiten wie Durchbeissen, Dranbleiben und Vorwärtsschauen. «Aufhören geht für mich nicht», erklärt sie. Auch auf ihrem diesjährigen Lauf über 1000 Kilometer war aufgeben kein Thema, sogar dann nicht, als die Planung mit den Schlafpausen nicht aufging. Nach ein paar Tagen komme der Körper in eine eigene Routine. Man sei sehr nah bei sich, es gebe nur einen selbst. Laufen, trinken, essen und Kilometer machen. Eine heilsame Auseinandersetzung mit den Grundbedürfnissen. Brigitte Daxelhoffer schwärmt: «Es ist für mich nie langweilig, jeder Tag, jede Witterung ist wieder anders; die Schönheit der Berge ist enorm.»
INFO
www.run-for-hope.ch