Von aussen wirkt das Kirchgemeindehaus am Burggässli 6 in Belp ruhig und bedächtig. Doch im Inneren ist an diesem sonnigen Samstag einiges los. Nähmaschinen, Lötstationen und Voltmeter, Schraubenzieher, Inbusschlüssel und Nadeln aller Art türmen sich auf den Tischen und an den Arbeitsstationen. An einem Tisch baut ein Reparateur gerade eine Küchenwaage auseinander, an einem anderen soll ein Pullover geflickt werden und in der Ecke blicken zwei Männer konzentriert in das Innere einer Akkuladestation eines alten Flyers. Wer eine Pause braucht oder auf seinen geflickten Gegenstand wartet, kann gemütlich Kaffee trinken und plaudern. Viermal im Jahr erhalten kaputte Gegenstände im Repair Café Belp die Chance auf ein neues Dasein.
Phänomen Repair Café
Repair Cafés, also Treffpunkte, an denen kaputte Gegenstände gemeinsam geflickt werden, gibt es in der Schweiz seit rund sieben Jahren. Die Idee dahinter ist so einfach wie bestechend: Abfall reduzieren, nachhaltiger leben. Am diesjährigen Reparaturtag von Mitte Oktober wurde so in 30 von insgesamt 170 Repair Cafés in der Schweiz über 700 Gegenständen ein zweites Leben eingehaucht und damit wurden gut zwei Tonnen Ressourcen im Kreislauf gehalten. So zumindest informiert der Schweizer Konsumentenschutz auf seiner Website.
Auch in Belp wird seit fünf Jahren gegen eine kleine Spende alles geflickt, was möglich ist. Damals stiess Regina Dubach auf einen Artikel über das Repair Café Köniz. Die Idee und das Format überzeugte sie sofort. Beim Schweizer Konsumentenschutz fand sie eine Anleitung, wie ein solches Café organisiert und aufgebaut werden kann. Voller Elan suchte sie zusammen mit dem Frauenverein via Dorfmagazin «Belper» interessierte und geschickte Menschen, die gerne mitanpacken und ihr handwerkliches Können teilen würden. «Ich dachte, wir müssten den Aufruf wiederholt schalten», erinnert sie sich. Doch sie staunte nicht schlecht: Bereits im ersten Anlauf wurden genügend Helfende gefunden. Nach einem Vortreffen ging es los.
Mit Herz und Geschick
«Wir haben eine Stammcrew von knapp fünfzehn Reparateuren und Organisierenden», berichtet Christiane Brendel. Vor drei Jahren übernahm sie zusammen mit Fritz Rytz die Organisation. Flyer verteilen, Räume reservieren, Reparateure in-
formieren, Helfertreffen organisieren
– alles aus Überzeugung. «Wenn wir mit den Spenden ein gemeinsames Zusammensein finanzieren können, ist das natürlich schön. Primär wollen wir aber etwas Gutes anbieten, zusammenkommen, Abfall vermeiden und die grüne Idee unterstützen», so Christiane Brendel. «Das meiste bringt man wieder in die Gänge und zum Funktionieren; das Flicken macht Spass und wird geschätzt.» So sehen es auch die Männer und Frauen an den Werkzeugen. «Viele Leute haben das nötige Wissen nicht und das gebe ich gerne weiter», klingt’s etwa vom Elektrofachmann. Auch komme immer wieder etwas Neues, man lerne dazu. Doch bei aller Motivation kommt es vor, dass selbst der geschickteste Bastler und die flinkeste Handwerkerin kapitulieren müssen. Dann immerhin kann man den Toaster oder den Staubsauger mit gutem Gewissen im Abfall zur letzten Ruhe betten.
Wo sind die Jungen?
Nachhaltigkeit ist ein Trend unserer Zeit, der Grundgedanke dazu und demnach auch die Unterstützung für die Repair Cafés sind in der Bevölkerung gut verankert. Laufend werden neue Repariertreffpunkte ins Leben gerufen; Belp, Köniz, Konolfingen und Münsingen sind nur einige aus der Region. Bei allen positiven Erfahrungen und Flickerfolgen bleibt ein Wermutstropfen: Jüngere Menschen sind tendenziell untervertreten, sowohl unter den Reparateuren als auch den Kunden. Wenn, dann sind es kaputte Handys oder Spielkonsolen, die einige Youngsters zu den freiwilligen Reparateuren führen. Immerhin: In Belp hat man das Glück, zwei junge Elektrofachmänner mit im Boot zu haben.
Doch selbst wenn man sich über Familien, Jugendliche und junge Erwachsene freuen würde, sind das Engagement und die Herzlichkeit rundum spürbar. Die Reparaturquote ist hoch und jeder geflickte Haarföhn, Rasierapparat oder Pullover ist ein kleines Stück weniger Abfall und ein Schritt mehr auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft.
INFO
www.repaircafe-belp.ch
www.repair-cafe.ch