Mit ein Grund für den Erfolg des Gerstentranks ist seine Sauberkeit: Dank dem Alkohol, der Kohlensäure und dem tiefen pH-Wert war er früher oftmals keimfreier als Brunnenwasser – und liess sich auch deutlich besser lagern. Auch ist Bier nahrhaft: Nebst den vielen Kalorien enthält es etliche Mineralstoffe und praktisch alle B-Vitamine.
Brauparadies Schweiz
Laut dem Schweizer Brauereiverband hat die Schweiz die höchste Brauereidichte der Welt. Im europaweiten Vergleich lässt die Schweiz mit 139 Brauereien pro 1 Mio. Einwohner das zweitplatzierte Tschechien (57) abgeschlagen hinter sich. Die meisten dieser Bierproduzenten sind im Kanton Bern angesiedelt: 215 waren es letztes Jahr, deutlich vor Zürich (165) und dem Waadtland (123). Ganz einheimisch ist das Produkt aber strenggenommen nicht: Nur 10% des Hopfens und gar nur 1% des Malz stammen von hier. Dafür kann jeder Hobbybrauende den Tank mit qualitativ hochwertigem, kommunem Leitungswasser füllen. Etwas, das seit einigen Jahren immer mehr ausprobieren wollen. Die sogenannten «Mikrobrauereien», die Platz in der Küche oder einer Garage finden, haben sich vervielfacht. Knapp drei Viertel aller Brauereien in der Schweiz produzieren weniger als 20 Hektoliter Bier pro Jahr. Nur 1,5% stellen mehr als 5000hl her.
«Bäuper Bier»
Alain Freudiger und Pascal Knopf stehen in einem kleinen Raum im Gewerbegebäude der ehemaligen Jordi-Druckerei und füllen frisch gebrautes Bier in Flaschen ab. In der Kühlzelle reifen oder lagern Sorten wie «Covfefe», «Gürbä», «Bäupmoos Tou» oder «Ouguetbrügg». Drei 200l-Töpfe und ein Gärtank stehen sauber geputzt und desinfiziert bereit für den nächsten Sud. Dabei fing alles mit einem Geburtstagsgeschenk unter Kollegen an. Bald reichte die Kapazität des kleinen Startersets für die Nachfrage im Freundeskreis nicht mehr aus. Auch der 100l-Topf in Freudigers Garage war bald zu klein. Vor vier Jahren folgte der Umzug an den jetzigen Standort, und heute, nach insgesamt sieben Braujahren, ist das «Bäuper Craftbeer» bereits gut bekannt in der Region. Seine Fähigkeiten als Polymechaniker nutzte Pascal Knopf gleich für den Bau einer Etikettiermaschine. Alain Freudiger, der Informatiker, konnte derweil die Homepage programmieren. «Wir brauen etwa zweimal im Monat», erzählt Knopf und ergänzt: «Wir machen lieber kleinere Sude und haben dafür mehr Vielfalt.» Aktuell ist das FC Belp-Jubiläumsbier in Produktion, neben Freunden und Bekannten schätzen auch Veranstalter von Geburtstags- und Hochzeitsfesten oder der lokale Tennisclub das einheimische Bräu.
Wasser – Sirup – Läuterwasser – Bier
Sechs bis acht Stunden dauert ein Brauvorgang. Zuerst wird das Malz geschrotet. Es verleiht dem Bier je nach Verarbeitung einen anderen Charakter sowie eine unterschiedliche Färbung und wird meist aus Gerste hergestellt. Rund 45kg Malzspelzen braucht es pro Sud. In etwa 100l erwärmtes Wasser wird das Malz hinzugegeben und während einer Dreiviertelstunde gerührt, bevor es weiter erhitzt wird. «Nun haben wir eigentlich einen Sirup», erklärt Knopf. Darum kommt Läuterwasser hinzu, bevor das Gemisch im Topf bei 100 Grad gekocht wird. In einem nächsten Schritt kommt der Hopfen hinzu, oder der «Kick», wie Knopf es nennt. In einem «Whirlpool» wird das Sediment von der Flüssigkeit getrennt, bevor letztere hinuntergekühlt und in den Gärtank abgepumpt wird. Nun kommt die Brauhefe ins Spiel, dank der die Gärung einsetzt. «Die Hefe isst den Zucker und stösst Alkohol und Kohlensäure aus», so beschreiben es die beiden Brauer. Nach drei bis vier Tagen wird das Bier abgefüllt. Es folgt die Nachgärung in der Flasche und die, je nach Sorte, wenige Wochen bis einige Monate dauernde Reifung. «Wenn wir ein Bier nach demselben Rezept zehnmal brauen, haben wir zehnmal einen leicht anderen Geschmack. Das zeigt, dass es ein Naturprodukt ist», beschreibt Freudiger seine Faszination für den Gerstensaft.
«Fürabebier»
In ähnlichen Worten erläutert Marcel Piller, was ihm und seinem Schwager Christoph Schäfler sowie dessen Cousin Kevin Schafer am Brauen gefällt: «Wir können mit den Naturprodukten Malz, Hopfen und Hefe quasi Wasser veredeln.» Zudem fördere Bier die Geselligkeit: «In unserem Fall bereits bei der Herstellung.» Die «Fübi-Familie» trifft sich mehrmals pro Monat zum Brauen, Abfüllen, Etikettieren – und zum gemeinsamen Essen sowie Fachsimpeln über Bier. Seit 2017 gibt es das «Fübi» – das Feierabendbier – aus Heitenried. Was mit einem 20l-Brauset begann, ist rasant gewachsen. 1500 Liter Bier werden aktuell jährlich in einer Waschküche hergestellt – oft mit personalisierten Etiketten, etwa für Firmen oder Feste. Zuwenig für die Nachfrage. «Wir wollen in die 200l-Brauklasse umsteigen und suchen dafür eine passende Lokalität», erzählt Piller. «Wir brauen mit bestem Heitenrieder Leitungswasser und tendenziell mit viel Hopfen und Malz. So kommen unsere Biere vollmundig und aromatisch daher», beschreibt er die Eigenschaften ihrer drei Standardbiere «Houzer-Kätti», «Märzen» und «Hai-Pa». Denn ursprünglich wollten sie brauen, um eine eigene Alternative zum «Industriebier» zu haben, das ihnen «immer fader und flacher» erschien. «Wir waren naiv und unterschätzten den Aufwand», schaut er schmunzelnd zurück. Doch das viele Pröbeln und Durchhalten zahlt sich aus. Der Heitenrieder freut sich: «Mit der neuen Braulokalität werden wir durchstarten können.»
INFO
www.bäuper.ch
www.fübi.ch