Wer abgelegen wohnt, schätzt die Ruhe und die Natur – muss aber oftmals einen weiten Arbeitsweg auf sich nehmen. So auch Barbara und Thomas Krebs aus Riedstätt. Die Eltern von drei Schulkindern sind beide in der Stadt Bern angestellt. Um keine Zeit im Auto zu verlieren, haben sie sich je einen Tag Homeoffice eingerichtet. Diese Lösung scheiterte jedoch beinahe an etwas, was für die meisten selbstverständlich ist: an einem schnellen und zuverlässigen Internetanschluss.
Für einen Kupfer- oder gar Glasfaseranschluss wohnt die Familie zu abgeschieden. Die Swisscom, vom Bund zur Grundversorgung verpflichtet, bot zwar andere Lösungen an. Für eine zuverlässige Anbindung ans Geschäftsnetzwerk reichte dies aber nicht. «Immer wieder brach das Netz zusammen», schaut Thomas Krebs auf die frustrierende Zeit zurück. Seine Frau fuhr oftmals auch an Homeoffice-Tagen in die Stadt – um garantiert erreichbar zu sein.
Damit war das Paar nicht allein. Nachbarn im Tal sammelten gar Unterschriften für einen besseren Internetanschluss. «Und dann ging es Schlag auf Schlag», erzählt Thomas Krebs. Die zuständige Gemeinderätin von Guggisberg setzte sich für die Randregionen der Gemeinde ein, auch Schwarzenburg zog mit: Zusammen finanzierten die beiden Gemeinden einen Teil der Anschlussgebühren an ein privatwirtschaftliches Netz sowie der Installationskosten und ermöglichten somit für über 70 Haushalte einen stabilen Breitband-Internetanschluss.
Richtfunk und Relais
Die Technik, die dahintersteckt, ist so simpel wie ausgeklügelt: Langdistanz-WLAN heisst die Lösung. Ein Anschlusspunkt ins Glasfasernetz ist mit einer Richtfunkantenne verbunden. Diese sendet das Signal nun durch die Luft. Der Empfangspunkt muss sich in Sichtweite befinden, kann aber durchaus mehrere Kilometer weit entfernt liegen. Bereits die mit 19 cm Durchmesser kleinste Parabolantenne mag 3 bis 4 km weit senden, die etwas grössere (30 cm Durchmesser) schickt das WiFi-Signal gar bis zu 10 km weit. Darüber hinaus sind Distanzen über 25 km möglich.
Meist liegen nicht alle anzuschliessenden Gebäude in Sichtweite des Einspeisepunktes. Dann wird das Signal über Relaisstationen transportiert – mitunter auch einmal um einen Hügel herum, von Antenne zu Antenne, wie es etwa bei der Bütschelegg der Fall ist. Die Relaisstationen sind meist auf Erhebungen wie Wasserreservoirs oder auf hohen Gebäuden angebracht.
Lokale Partner
Spezialisiert auf diese Technik hat sich die smaro GmbH aus dem luzernischen Uffikon. Der KMU-Betrieb ist vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) als Fernmelde-Dienstanbieter (FDA) lizenziert und setzt vor Ort auf lokale Installationspartner. In der Region Schwarzenburg/ Guggisberg ist dies Toni Zahnd von Expert Zahnd, der die Kunden berät und die Antennen installiert.
«Die Erschliessung von Randregionen ist zeitintensiv», erzählt Max Fehr, Business Manager der smaro GmbH. Fragen mögliche Neukunden an, wird eine erste Einschätzung der Topographie auf digitalen Karten vorgenommen. Danach gilt es aber, sich die Gegend vor Ort anzuschauen: Wo könnten mögliche Relaisstationen stehen? Wem gehört das Land? Zudem braucht es mindestens zehn weitere Liegenschaften in der Umgebung, damit die Erschliessungskosten in einem vernünftigen Rahmen bleiben. Die eigentliche Installation der Anlagen ist hingegen einfacher als das Verlegen von Kabeln – schliesslich müssen dafür keine Gräben aufgerissen werden.
Geringe Strahlungsbelastung
Das Signal verhält sich nicht wie das von Mobilfunkantennen, das in alle Richtungen strahlt und dabei auch Gebäude durchdringt. Eine Richtfunkanlage nämlich sendet, wie es der Name schon verrät, gezielt in eine Richtung, auf die Empfangsantenne hin. Die Streuung hält sich im Rahmen, Hindernisse wie Hügel oder Gebäude unterbrechen das Signal. Am gewünschten Zielgebäude ist eine Parabolantenne angeschlossen – meist nicht mehr als eine kleine, unscheinbare «Scheibe» an einer Hausecke oder auf dem Dach. Durch ein Kabel wird das Signal dann ins Hausinnere geführt und dort über ein herkömm-
liches WLAN-Gerät verteilt.
Im Funkloch Matches schauen können
Braucht es denn draussen in der Natur unbedingt schnelles Internet? «Ein grosser Anteil unserer Kunden sind landwirtschaftliche Betriebe», gibt Max Fehr zu bedenken. Immer mehr Daten müssen online übertragen werden. Abgelegene Restaurants können ohne Internetanschluss keine Kartenzahlung abwickeln, wie dies etwa beim Restaurant Bütschelegg bis vor drei Jahren der Fall war. Heute ist es dank Fern-WLAN gut ans Internet angebunden.
Dankbar dafür zeigt sich Gastgeber Seevaratnam «Kanet» Thekalolibawan: «Für die meisten meiner Gäste war es nur schwer zu begreifen, dass es hier weder Handynetz noch Internet gab.» Zuerst probierte er eine andere Lösung aus, doch «ich hatte vor allem hohe Kosten und es war nicht zuverlässig». Heute sorgt eine kleine, weisse Parabolantenne für ein reibungslos funktionierendes Internet. Der Wirt freut sich: «Läuft ein wichtiger Match, schauen sich jeweils Dutzende meiner Gäste das Spiel auf ihren Smartphones oder Tablets an – alles über unser WLAN, ohne Probleme!»
Auf den benachbarten Bauernhöfen jedenfalls lässt es sich nun entspannt der «Landwirtschaft 4.0» entgegenschauen. Von Zimmerwald über Rüeggisberg bis nach Guggisberg sind heute mehr als hundert Haushalte und Gewerbebetriebe per Fern-WLAN störungsfrei mit der Welt verbunden. Thomas Krebs aus Riedstätt fasst zusammen, wie es vielen von ihnen erging: «Vorher war die Verbindung eine Katastrophe – heute sind wir froh, gleiche Chancen wie urbane Gegenden zu haben.»