Klischees gehören dazu

Klischees gehören dazu

Der Verein Nakultur bietet interkulturelles Lernen durch Naturarbeit und Begegnung. Initiant Oliver Schneitter hat zudem die «Stiftung Urgestein» übernommen, um vermehrt in der Region Gantrisch Projekte anbieten zu können. Ein erster kleiner Schritt fand hoch oben auf dem «Ochsen» statt.

Dass alle Klischees falsch sind, ist auch eines. Als Mona Kasser und Dimitri Gross beschlossen, aus Solothurn in die für sie noch unbekannte Region Gantrisch zu reisen, hafteten einige Bilder in ihren Köpfen. Oliver Schneitter fragte die beiden Maturanden, ob sie bereit wären, auf dem «Ochsen» mitzuhelfen, um Zäune zu errichten und den Bewuchs an einigen Stellen einzudämmen. «Die Lust war sofort da, und ebenfalls die ersten Bilder im Kopf. Ich stellte mir einen Landwirt mit Sennenkäppi vor», erzählt Kasser. Ihr Schmunzeln war entsprechend gross, als Hanspeter Flückiger um die Ecke kam. Der Landwirt und Eigentümer des «Lätzen Hengst» ist ein Wahl-Bergler vom Sennenkäppi bis zu den schweren Bergschuhen. Das Klischee stimmte bis zum letzten Barthaar.

Zusammen mit Michel Friedli nahm Flückiger die beiden jungen Menschen mit auf die Alp. Achtung, nächstes Klischee: auf der Ladebrücke des Traktors. «Schon diese Fahrt war ein Erlebnis», berichtet die angehende Studentin. Oben angekommen, empfing der «Ochsen» seine städtischen Gäste im Schlepptau der Landwirte mit all seiner Schönheit. «Ich habe noch nie so viele Farben und Formen gesehen», schwärmt Kasser noch Tage später. Die schweisstreibende Arbeit gerät in den Hintergrund, die Natur und die Menschen übernehmen den Rhythmus. Immer wieder erzählen Friedli und Flückiger, was wieso gemacht werden muss und die junge Frau fasst diese Erklärungen wie folgt zusammen: «Ich habe viel über die Kreisläufe gelernt und wie alles zusammenhängt.»

Die Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen Solothurn und «Ochsen» schwingt wie ein weiteres Klischee mit. Denn die beiden «Älpler» hatten ja ebenfalls ihre Bilder im Kopf, was sie bei dieser Zusammenarbeit erwarten könnte. Klar gibt es Unterschiede und darüber hat man gesprochen. «Dieser Austausch war spannend und für beide Seiten lehrreich. Für ihre Hilfe und diesen Dialog bin ich sehr dankbar», meint Michel Friedli. Flückiger war sofort bereit, den interkulturellen Austausch zu unterstützen, dachte über Einsatzmöglichkeiten nach und meinte in seiner gewohnt humorvollen Art: «Ich bin für solche Erlebnisse immer zu haben.»
Mona Kasser erlebte die beiden «Bergler» – Klischee lässt grüssen – als Eigenbrötler im positiven Sinne: «Es sind eigene und eigenständige Menschen. Man spürt, dass sie von der Landschaft und dem Leben in der Natur mit weniger Menschen geprägt sind.» Eine Aussage, die wohl auf weitaus mehr Menschen aus dem Gantrisch-Gebiet passt, als nur auf Flückiger und Friedli.

Klischees stimmen immer ein wenig. Was diese Begegnung gezeigt hat, ist aber der tiefere Sinn der Klischees: der Respekt. Dimitri Gross, Mona Kasser, Michel Friedli und Hanspeter Flückiger begegneten sich klischeereich und amüsierten sich. Aber sie taten das miteinander. So haben die vier nicht nur die Arbeit erledigt, sondern auch einen einzigartigen Austausch genossen. Mit Respekt im Rucksack haben Klischees eben doch etwas Gutes an sich.

www.stiftung-urgestein.ch

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