Wie man sich bettet, so ruht man (ewig)

Wie man sich bettet, so ruht man (ewig)

Sterben betrifft nicht nur das einzelne Individuum. Rechtzeitig Art und Formalitäten der Bestattung festzulegen, kann Unsicherheiten ersparen. Und überhaupt: Wie gehen wir im digitalen Zeitalter mit dem Tod und unseren Verstorbenen um?

Erd- und Feuerbestattung, Baum- oder Naturbestattung, See- und anonyme Bestattung: Es gibt viele Arten der «ewigen Ruhe». Die grossen Religionen behandeln das Thema unterschiedlich. Im «Bereich der letzten Dinge» wird ein Paradigmenwechsel in der Gesellschaft sichtbar, der Trend zur Individualisierung nimmt zu. Die klassische Erdbestattung mit Grabrede und Abdankungsfeier in der Kirche ist für viele «gestorben», aus unterschiedlichen Gründen.

Gretchenfrage: Erd- oder Feuerbestattung?

Die Einäscherung von Verstorbenen war bereits sehr früh bekannt. Mit der Ausbreitung des Christentums verschwand der Brauch der Leichenverbrennung zunehmend. Die Erdbestattung galt lange als Regel, Friedhöfe wurden zu Orten der kollektiven Erinnerung.

Anlässlich der Weltausstellung 1873 in Wien präsentierte Italien eine Verbrennungskammer für Kremationen. Das Modell inspirierte einen englischen Arzt, die Feuerbestattung in seiner Heimat zu propagieren. Im deutschen Sprachraum machte sich der Mediziner Friedrich Küchenmeister dafür stark, vorab wegen der von ihm kritisierten Bodenvergiftung. Auf dessen Anfrage hin entwickelte Friedrich Siemens den bereits 1856 gebauten Regenerationsofen weiter. Am 9. Oktober 1874 fand in Dresden die erste Einäscherung Deutschlands und die weltweit erste Kremation im geschlossenen Feuer statt. Zunehmend organisierten sich die sogenannten Krematisten in Feuerbestattungsvereinen. 1889 ging auf dem Friedhof Sihlfeld in Zürich das erste Krematorium der Schweiz in Betrieb. Gerade zu Anfang war diese «fortschrittliche Form der Bestattung» heftig umstritten. 1934 wurde in Deutschland die Feuerbestattung der Erdbestattung gleichgestellt. Traurige Bekanntheit erlangten Kremationen zur Zeit des Nationalsozialismus.

Liberalisierung und Individualisierung

Nach der Etablierung der Kremation wurden weitere Trends sichtbar. Neuere Studien nennen etwa Unterschiede in verschiedenen «Milieus» der Bevölkerung, in der Einkommenssituation und teilweise auch zwischen Stadt und Land als Gründe. Neben ökonomischen beeinflussen auch soziale Faktoren den Wandel in der Bestattungskultur, zum Beispiel Individualisierung und persönliche Glaubenshaltung. Die Erinnerungskultur ist zunehmend nicht mehr an den klassischen Friedhof gebunden. Die Liberalisierung und Individualisierung gehen nicht selten auch mit einer «Entkirchlichung» einher. Individuelle Bestattungs- und Erinnerungskulturen verdrängen kirchliche Riten; europaweit nahmen See-, Baum- und Wiesenbestattungen in den letzten 30 Jahren zu und ersetzen das immer stärker als fremd empfundene Ritual der traditionellen Kirchen. Obschon viele in der Kremation eine «Technisierung des Todes» sehen, hat diese doch einen Vorteil: Die Urne kann zu Hause aufbewahrt, aus der Asche kann ein Erinnerungsdiamant geprägt werden.

(Ewig) ruhen in der Region

Im Unterschied zum Judentum und zum Islam kennt das Christentum keine «ewige Ruhezeit» auf Friedhöfen. Nach Ablauf der Ruhefrist werden Grabstellen in der Regel neu vergeben. Im Unterschied zu Muslimen oder Juden können Christen jedoch auf allen Friedhöfen beigesetzt werden.

Der Buddhismus erlaubt Erd- und Feuerbestattungen, im Hinduismus ist letztere die gebräuchlichste Bestattungsart. Im Unterschied zur klassischen Beerdigung fallen bei einer alternativen Bestattung keine Friedhofsgebühren an. Während Trauerfeiern in vielen Regionen der Welt als gemeinsames Erinnerungsfest zelebriert werden, gilt das Trauern in industrialisierten Staaten als Privatangelegenheit.

Und «unsere» Friedhöfe? Sie sind zumeist sehr schön gelegen, weit weg von der Unbill des realen Lebens. Umgekehrt haben «die Toten» auch von der schönsten Aussicht nichts mehr. Es kann durchaus seinen Reiz haben, sich an einem ruhigen, friedlichen Ort Gedanken über das Leben und die «letzten Dinge» zu machen. Der vor einigen Jahren aufgelegte Prospekt «Kirchen im Gantrischgebiet» könnte hier im Wortsinn zum Weg-Weiser werden. Nicht selten lassen Namen auf Friedhöfen Erinnerungen aufkommen, werden grössere Zusammenhänge erkennbar, wird einem die Endlichkeit alles Irdischen neu bewusst.

Es empfiehlt sich, die sogenannten «letzten Fragen» rechtzeitig anzugehen, etwa in Form einer Patientenverfügung, eines Testaments und Hinweisen zur gewünschten Art der Bestattung. Diesbezüglich kann auf das Fachwissen zahlreicher Bestattungsunternehmen in der Region zurückgegriffen werden. Wer rechtzeitig mit sich, seinen Nächsten und Gott «seinen Frieden macht», darf dem allerletzten Lebensabschnitt beruhigt entgegenschauen.

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