Sie speichern kein Korn mehr – aber Geschichte(n)

Sie speichern kein Korn mehr – aber Geschichte(n)

Ein Hof mit seinem Speicher – ein schönes Bild. Heute werden sie jedoch kaum mehr genutzt – zumindest nicht mehr wie ursprünglich. Auf dem Spycherweg können die früheren Schatzkästchen neu entdeckt werden.

Im Naturpark Gantrisch stehen Hunderte von Speichern. Zum traditionellen Ensemble des Hofes gehörend, erfüllten sie dort früher eine wichtige Funktion. Sie waren das Prunkstück des Gehöfts: In ihnen wurden gedroschenes Korn, Mehl und Saatgut für das Folgejahr, Dörrfrüchte, Nüsse, Kleider, Stoff, Gerätschaften und sogar Dokumente gelagert. Diese Funktion haben sie in den meisten Fällen verloren. Nicht selten stehen sie sogar im Weg, werden abgebrochen oder abtransportiert. Für viele Menschen sind sie jedoch auch ein «Speicher der Vergangenheit».

Ungenützt, aber nicht unnütz
Die Speicher in der Region Gantrisch bewahren nämlich noch besonders viel Geschichte in sich: Durch die bekannte Armut der Region konnte man die Gebäude nicht immer wieder umbauen; daher zeigen sie ein besonders eindrückliches und authentisches Bild der damaligen Vorratshäuser. Viele Bauernfamilien pflegen und schmücken ihren «Spycher» und messen ihm auch heute noch Bedeutung bei – vielleicht nicht mehr als wohlbehütetes Vorrats- und Lagerhaus, sondern als Stätte der Erinnerung und Geschichte.

Denn auch die Lagerhaltung hat sich im Lauf der Zeit verändert. Heute wird das Getreide unmittelbar nach der Ernte verkauft. Die heutige Verfügbarkeit von Lebensmitteln macht hofeigene Aufbewahrungsorte unnötig. Weil die Speicher so kaum mehr einen Nutzen bringen, sind viele Besitzer nicht mehr bereit, die hohen Kosten für ihre Erhaltung auf sich zu nehmen.

Umnutzung
Ein Projekt des Naturparks Gantrisch widmet sich dieser Thematik. Eine siebenköpfige Projektgruppe spürt die Standorte und den Zustand der Gebäude auf und hört sich um, welche Bedeutung sie für die Eigentümer heute noch haben. Ein Ideenpool und eine Plattform für SpeicherbesitzerInnen sollen Impulse für eine aktuelle Nutzung ermöglichen. «Bei Umnutzungen ist nicht alles machbar, besonders bei geschützten oder erhaltenswerten Bauten», weiss Rita Wyder, Mitglied der Projektgruppe, «darum ist es wichtig, möglichst früh den Austausch mit der Denkmalpflege zu suchen.»
Türen öffnet dabei auch Andreas Kehrli, Gemeinderat von Schwarzenburg: «Wir sind mit der Gruppe dabei, Möglichkeiten zur Aufwertung und zur Nutzung zu erarbeiten. Dies nicht zuletzt als Bereicherung der Parklandschaft durch geplante Aktivitäten, wie z.B. Speicher-Rundgänge oder Anlässe im Speicher.»
Ein gelungenes Beispiel für die Umnutzung kann man bei Stämpflis auf dem Biohof Obereichi betrachten. Ihr Speicher gehört zu den qualitätsvollen Bauten des ausgehenden 18. Jahrhunderts und besitzt regionaltypische Merkmale der Zimmermannskunst dieser Epoche.
Er wurde sanft renoviert und beinhaltet heute im Erdgeschoss den gut laufenden Hofladen. So nützt er sowohl den Besitzern als auch den Besuchern. Er ist einer von acht Speichern am aussichtsreichen «Spycherweg» von Lanzenhäusern nach Schwarzenburg.

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