Schnell noch besorgen, was beim Wocheneinkauf vergessen ging? Nach einer Wanderung den Rucksack für die Heimreise füllen oder einfach mal wieder eine persönliche Note erleben? Das «Lädeli» machts möglich. Ob Quartier- oder Dorfladen in Land- und Bergregionen: «Tante-Emma-Läden» haben ein breites Angebot. Trotzdem machen schwindende Umsätze und mangelnde Zukunftsperspektiven vielen zu schaffen. Wenn ein Laden schliesst, bleiben die Türen meist für immer geschlossen.
Mehr als nur Tradition
Wer erinnert sich nicht an die Frage «Darfs äs bitzeli meh sii?» oder das «Redli» Wurst, das bei der Jungmannschaft Freude auf den nächsten Einkauf weckte? Verkaufsläden prägen nicht nur Erinnerungen, sondern auch das Dorf(leben). Sie haben eine soziale Funktion, stärken den Zusammenhalt und wirken generationenverbindend. «Dorfläden haben gerade in den Randgebieten wichtige Funktionen für die Nahversorgung und als sozialer Treffpunkt», hält Beatrice Zanella fest. Das Geschäftsleitungsmitglied der Schweizer Berghilfe ist überzeugt: «Diese Funktion muss unbedingt erhalten werden.»
Die soziale Komponente sollte angesichts der Digitalisierung nicht unterschätzt werden. «Im Dorf, wo man sich kennt», bewirbt ein Detaillist seine Läden. Tatsächlich bleibt nebst dem «Geschäftlichen» meist noch Zeit für einen kurzen Gedankenaustausch oder auch mal für einen längeren Tratsch, was nicht nur ältere Menschen schätzen. Fakt ist auch, dass ein Einkaufsladen die Attraktivität eines Ortes steigert. Macht ein Laden zu, hat das auch Auswirkungen auf die nähere Region.
«Innovativer werden»
Für die Schweizer Berghilfe und die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) ist das Problem des Lädelisterbens nicht neu. «Immer wieder müssen Dorfläden aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen schliessen. Damit geht die Nahversorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs verloren», beobachtet Thomas Egger, Direktor der SAB. Beatrice Zanella doppelt nach: «Dorfläden sind ein Treffpunkt für die einheimische Bevölkerung und Gäste. Sie üben an jedem Standort eine wichtige soziale Funktion aus. Macht ein Dorfladen zu, verliert die betroffene Ortschaft weiter an Attraktivität.» Diese negative Entwicklung müsste durchbrochen werden, zeigten sich denn auch SAB und Berghilfe kürzlich an einer gemeinsamen Tagung überzeugt.
Das Rezept dazu: Dorfläden könnten Synergien mit anderen Versorgungsleistern nutzen, zum Beispiel Erzeugnisse von Dritten, Geschenkkörbe, Fahrkarten für die Seilbahn oder Bewilligungen für Privatstrassen anbieten. Einen ähnlichen Weg gingen die Postämter, die sich im Lauf der Zeit zu kleinen «Gemischtwarenläden» entwickelt haben. Aus Sicht von SAB und Berghilfe könnten sich Dorfläden vermehrt zu einem multifunktionellen Service-Center mausern. «Viele Dorfläden setzen gezielt auf regionale Produkte. Sie schaffen damit einen Mehrwert für die regionale Wirtschaft und bilden einen Attraktivitätsfaktor für den Tourismus», zeigen sich die beiden Organisationen überzeugt. Potenzial orten sie, ziemlich unerwartet, auch in der Digitalisierung. Die Begründung ist einfach: «Die Betriebskosten für die Dorfläden sind oft hoch, gemessen an den Kundenfrequenzen.» Beispiele «digitaler Dorfläden» sind etwa Cerniat im benachbarten Freiburgischen oder Guttet-Feschel im Wallis.
Was sind uns unsere Läden wert?
In erster Linie können Dorf- und Quartierläden erhalten werden, wenn man sie bewusst berücksichtigt. Das kann auch ergänzend zu anderen Anbietern geschehen. Ein solches Kaufverhalten dürfte sich auf längere Sicht zu einem echten Win-Win für alle entwickeln: Man hält ein Angebot am Leben, für das man später einmal dankbar ist. Dann ist aber auch die Politik gefordert. «Wie die Versorgung in einer Gemeinde aussieht, kann Konsequenzen für die Versorgung in der Nachbargemeinde haben. Es lohnt sich, die Thematik der Dorfläden gemeindeübergreifend in einem regionalen Ansatz anzugehen», so der Rat der beiden Fachorganisationen. Sie bieten Unterstützung bei der Planung und finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung von Dorfladenprojekten. Wer Dorfläden erhalten will, nutze sie fleissig – jetzt. Dass diese auch trotz Grossverteilern überleben können, zeigt ein Beispiel aus dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin: Die traditionsreiche Metzgerei überlebte gerade deshalb, weil nebenan eine Filiale eines grossen Detaillisten gebaut wurde. Das zu grosse, zu breite und zu tiefe Sortiment des Grossverteilers weckte Appetit auf Qualität in Überschaubarkeit – mit der liebgewordenen persönlichen Note.