Und das lückenlos. Die Gantrisch Zeitung wird mit einem stattlichen Dossier betraut. Mietverträge, Faktenblätter, Hintergründe, Bauvorhaben. «Ich habe nichts zu verbergen», sagt Müller, während er die Blätter überreicht. Seine Vision ist bekannt: Er will in der Gantrischregion ein nachhaltiges Ökosystem entstehen lassen; dieses soll eine abgestimmte sowie ausgebaute Infrastruktur umfassen und eine Vernetzung der Mobilität ermöglichen. Konkret: drei Ressorts, in denen Menschen leben, arbeiten oder ihre Freizeit verbringen. Doch davon ist in der Bevölkerung derzeit etwas weniger zu hören, dafür mutmassen die Menschen über den öffentlichen Auftritt des Wirtepaars und deren Argumente, weshalb sie das Berghaus verlassen haben; und was das Gurnigelbad angeht, spekulieren viele über die Beweggründe, weshalb dort nun Geflohene leben und kein Umbau stattfindet.
Gurnigelbad ändert Pläne
Es war Ende Dezember und an der Informationsveranstaltung zur Asylunterkunft im Gurnigelbad häuften sich die spekulativen Annahmen, dass Müller schon von langer Hand geplant habe, das Gebäude dem Kanton und dem Bund für diesen Zweck gut zu vermieten – und schon entstünde aus einem teuren Gastrogebäude eine Renditeliegenschaft. Das Gegenteil sei der Fall: «Kanton und Gemeinde sind auf mich zugekommen und haben angefragt. Die Idee kam nicht von mir. Ich habe einfach die Vorhaben in diesem Bereich etwas nach hinten gestellt, damit ich Hand bieten kann», antwortet Müller. Rückblende: «Wir sind unter Druck im Asylbereich. Der Ukrainekrieg und ein erneuter Anstieg der anderen Asylgesuche bringen uns auf das Niveau vom Jahr 2015, mit der erschwerten Situation, dass die ukrainischen Menschen schon viel Platz benötigen», sagt Manuel Haas vom Asylwesen des Kantons Bern. Er bestätigt, dass man händeringend nach Lösungen sucht und aktiv auf Immobilienbesitzer zugehe. Hansueli Müller hat ganz einfach die Hand geboten, nach welcher der Kanton gesucht hat. Unbürokratisch und schnell. «Ich kann bestätigen, dass die Miete sehr moderat ausfällt», unterstreicht der Kantonsverantwortliche weiter. Der Bernapark stellt seine Pläne hinten an und priorisiert die erste Hilfe für Geflohene.
Berghaus in der Lösungssuche
Wenig später geben die Pächter des Berghauses Gurnigel, Nicole Rebollar und Stephan Schönthal von der Gantrisch Kochwerkstatt GmbH, bekannt, dass sie die Pacht nicht mehr fortsetzen. Zu ihrem Engagement gehörte auch das Bergheim sowie das Gurnigelbad. «Aus finanziellen Gründen bleibt das Berghaus Gurnigel geschlossen», schreibt das Wirtepaar auf die Glastüre am Eingang. Die einschlägigen Medien greifen das Thema kritisch auf. Zum Nachteil der Region. «Beizen-
sterben» und «zu hohe Pachtkosten» lautet das Urteil. Über die fehlgeleitete Pauschalisierung des Beizensterbens berichtete Die Könizer Zeitung | Der Sensetaler und stellte mit Verweis auf Sternen, Hirschen und Löwen klar:
«Beizen sterben vielleicht, Gasthäuser nicht.» Bliebe noch der angeblich hohe Pachtpreis respektive die hohen Nebenkosten. Der Mietpreis ist nicht höher als jener für eine grosse Wohnung in einem Vorort von Bern. Hinzukommt eine geringfügige prozentuale Umsatzbeteiligung, die sich im tiefen einstelligen Bereich bewegt. Etwas schmerzhafter sind dann die hohen Nebenkosten aufgrund der Ölheizung und der Strompreise. Die Akontozahlungen in diesem Bereich decken den Aufwand nicht ab. Der Bernapark kommt dem Pächter entgegen. Ein Schwenk zu Gastro-Suisse zeigt, dass Pächter Anrecht auf ein funktionierendes Gebäude mitsamt Inventar haben und Gewinn erwirtschaften dürfen. Die Vermieterin muss einen angepassten Betrag einsetzen, der ebenfalls gesetzlichen Richtlinien untersteht. Als Beispiel geht man bei einem traditionellen Restaurant von einem Durchschnittsbetrag von 27’000 Franken im Jahr aus, zuzüglich Neben- und Unterhaltskosten. Der Vertrag im Berghaus bewegt sich in diesem Bereich und ist nach Vorlage von Gastro-Suisse ausgestellt. Es mag also sein, dass die Pächter aus finanziellen Gründen schliessen mussten, die Vermieterin aber handelte kulant und im gesetzlichen Rahmen. Der Bernapark betreibt auch ausserhalb des Gantrischgebiets mehrere Restaurant- und Hotelbetriebe. Die Preissensibilität in der Gastronomie kennt das Unternehmen also bestens. Wann das Berghaus wieder zum Ausflugsziel wird und seine Türen öffnet, ist nicht bekannt. «Aber wir sind in der aktiven Suche nach neuen Pächtern», bestätigt Andreas Spring, Gantrischverantwortlicher der Bernapark AG.
Betriebe offen halten
Gut läuft es hingegen im Ottenleuebad. Die «Eringer Lodge» wird eines der ersten Gebäude aus dem Bernapark-Portfolio im Gantrisch sein, das die Hotelzimmer und Ferienwohnungen fertig gebaut hat. Es verwundert daher nicht, dass Hansueli Müller mit Freude auf die bevorstehende Eröffnung dieses Teils verweist. Es ist seine Art, den Spekulationen Einhalt zu gebieten. Er stellt sich den Mutmassungen, legt seine Pläne offen und arbeitet indes unbeirrt weiter. Fast. Denn ein wenig mag es ihn schon ärgern, wenn man solche Gerüchte streut. Seit der Kindheit ist der Unternehmer mit dem Gantrischgebiet verbunden, diese Projekte sind keine Renditevorhaben, sondern eine Herzensangelegenheit. Deshalb zögerte er keine Sekunde und legte der Redaktion dieser Zeitung alles offen, sein Engagement ist gross, seine Motivation eine emotionale und die Absicht entsprechend denkbar einfach: aus Liebe zur Region.
Der Naturpark hat die Region bekannt gemacht und schützt deren Werte. Der Bernapark seinerseits investiert, damit mehr Übernachtungsmöglichkeiten und eine bessere Infrastruktur entstehen. Weder eine unheilige noch eine heilige Allianz. Vielmehr zwei unverzichtbare Notwendigkeiten, damit ein Gebiet florieren kann – und das Gantrischgebiet hat das Glück gepachtet, dass ihm dies zuteil wird. Mit einer zahlbaren Pacht – oder eben: ruhiger Arbeit statt lauten Worten.