Der Ohrwurm des Löschzugchörli Interlaken ist legendär. Er frischte damals sogar die Hitparade auf: «Da muess me lösche!» Jahrhundertelang stammte das Wasser dazu aus Wassersammelbecken, sogenannten Lösch- oder Feuerweihern. Mit der Installation von Hydranten verloren diese Reservoires an Bedeutung. Etwas in Vergessenheit ging auch das Bewusstsein um die Bedrohung durch Feuer ganz allgemein. Dabei kann bereits ein unachtsam weggeworfenes Zündhölzchen einen grossen Brand verursachen (schon Mani Matter wusste davon ein Lied zu singen…). Als man noch mit Holz kochte und Kerzen oder Petroleumlampen als Lichtquellen einsetzte, war dieses Bewusstsein ausgeprägter.
Sicherheit geht vor
Die Bedrohung durch Feuer prägt den Menschen seit je. Nicht selten haben Brände ganze Dörfer und Stadtteile ausgelöscht. Schon früh entstand deshalb die Einsicht, dieser Bedrohung gemeinsam zu begegnen. «Der Grundgedanke des Feuerlöschwesens ist heute noch gleich wie früher: Gefahren frühzeitig erkennen und einander helfen», sagt Markus Hostettler. Als Feuerwehrkommandant von Rüeggisberg und Instruktor bei der Gebäudeversicherung des Kantons Bern kennt er die Thematik bestens.
In Landgebieten, in denen viele auswärts arbeiten, stellt die Personalplanung hohe Anforderungen. «Die Verfügbarkeit tagsüber ist tatsächlich eine Herausforderung», sagt Stefan Zwahlen, Vizekommandant der Feuerwehr Rüeggisberg. «Feuer brennt genau gleich wie früher», ergänzt Hostettler. «Doch die Stoffe haben sich verändert.» Damit sind die Anforderungen ans Löschwesen gestiegen. «Nichts ist so sicher wie die Unsicherheit», so sein Fazit. Mit modernen Fahrzeugen, adäquaten Brandbekämpfungsmitteln und gut ausgebildeten Korps stellen die Feuerwehren einen wichtigen Sicherheitsfaktor dar. Die heutige Löschwasserversorgung erfolgt in der Regel mit Hydranten.
Stumme Zeitzeugen
Deshalb darf in ihrem Umfeld nicht parkiert werden und Sträucher sowie Gebüsche müssen zurückgeschnitten werden. Auf dem Land jedoch bilden nach wie vor Löschweiher ein wichtiges Rückgrat für die Brandbekämpfung. Doch wo sind sie zu finden, diese Wasservorratsbehälter für den Fall der Fälle? «Ich kenne nicht alle. Wie die meisten fahre ich in der Regel daran vorbei», sagt ein Feuerwehrmann. So beginnt die Erkundungstour einfach mal in Kirchdorf. Unterhalb der Landi steht ein solcher Weiher. Zwei Kinder meinen: «Dihr ghöret nid da häre! Göht wäg.» Weiter geht die Fahrt nach Rüeggisberg. Vom Weiher vor dem Feuerwehrmagazin bietet sich eine fantastische Aussicht auf die weitherum bekannte Klosterruine und die diversen Bergketten. Die flatternde Schweizerfahne setzt einen Farbtupfer in das hehre Grün in Grün. Die beiden nächsten Stationen heissen Mättewil und Tromwil – Orte, deren Namen nicht so geläufig sind. Auch hier, ein prächtiger Ausblick auf die lieblichen Hügel des Gantrischgebiets und die Oberländer Drei- und Viertausender. Mittendrin zwei Löschweiher, standhaft wie die Menschen, die hier auf rund 900m leben. Dass Löschweiher auch eine soziale Funktion übernehmen können, davon erzählt eine Bewohnerin von Tromwil. «Unser Weiher beherbergt Molche und früher sogar Enten», erinnert sie sich. Gemeinsam erstellte man für Familie Ente eine Unterkunft. «Zum Schutz vor dem Marder wurde die schwimmende Behausung mit Leinen an allen vier Ecken des Weihers festgezurrt», weiss ein Bauer. Der Aufwand war recht gross, musste die Anlage bei der jährlichen Revision doch demontiert und die Entenfamilie vorübergehend «umplatziert» werden. Seit der Jahrtausendwende ist diese Episode nun aber Geschichte.
«… beim Löschweiher links!»
Wie hoch sind die Unterhaltskosten eines Löschweihers, der in der Regel um die 40m3 Wasser fasst? Sie müsste «ins Archiv steigen», um genaue Zahlen nennen zu können, erklärt eine Gemeindekassierin. Grundsätzlich gelte die Regelung, dass die Wartungskosten im Feuerwehrbudget enthalten seien, grössere Investitionen jedoch von der Gemeinde übernommen würden. Das sei aber äusserst selten. «Pro Jahr einmal das Wasser ablassen, putzen und wieder füllen», beschreibt Stefan Zwahlen die jährliche Inspektion. In der Regel reichen zwei bis drei Mann pro Weiher «Nicht immer steht ein Hydrantennetz zur Verfügung. Darum bleiben Löschweiher für uns wichtig. Im Ereignisfall müssen wir eine Leitung von bis zu zwei oder drei Kilometer verlegen», erklärt Zwahlen. Das ist eine Herausforderung, die nur mit guter Planung, regelmässigen Übungen – und Löschweihern beziehungsweise Löscheiern gemeistert werden kann. Bei den Löscheiern handelt es sich um stationäre Tanks, die im Boden vergraben sind. Auf Rüeggisberger Boden befinden sich nicht weniger als 32 Löscheier unter dem Boden sowie fünf Löschweiher – mit oder ohne Enten. Löschweiher dienen zudem als nützliche Orientierungspunkte, etwa bei der Spitex. «Beim Löschweiher links abbiegen, dann geradeaus», so lautet die Anweisung von einer der flinken Frauen schmunzelnd.
Ja, vorbei die Zeiten, als die Feuerwehr mit Ross und Wagen ausrückte. Das heutige Rettungswesen ist geprägt von Hydranten und modernen Löschfahrzeugen. So hat etwa Bern den grössten Teil der Feuerweiher verkauft oder zurückgebaut. In ländlichen Gebieten sind diese hingegen noch immer ein wichtiger Bestandteil der Brandbekämpfung. Und vielleicht sogar eine Bereicherung auf der nächsten Exkursion im Gantrischgebiet, zumindest wenn die heimischen Kinder es zulassen.