«Beisetzungen als Asche in freier Natur sind ein heikles Thema», sagt Daniela Zbinden, «nicht nur für die Angehörigen». Sie leitet zusammen mit ihrem Mann einen Bestattungsdienst mit drei Niederlassungen in der Region. Eine Region mit viel freier Natur, in der sich Menschen gerne aufhalten oder dort ansässig sind. Und es ist eine Region, in der sich die Entwicklung zur vermehrten Beisetzung der Asche im Freien bemerkbar macht. Die Gründe dieser Entwicklung können vielseitig sein. Vielleicht entsprechen sie einer ablehnenden Haltung gegenüber Kirche und Behörden. Oder es steht der Wunsch im Vordergrund, die Verstorbenen dort zu bestatten, wo diese viel Zeit in ihrem Leben verbracht haben. Solches kann nicht schlüssig beantwortet werden. Auch Daniela Zbinden kann es nicht. «Wir nehmen jedoch wahr, dass immer weniger Menschen den Wunsch haben, den Friedhof als letzte Ruhestätte zu wählen», sagt die Bestatterin, «obschon sich die Kultur vieler Gemeindefriedhöfe gewandelt und sich dem Zeitgeist angepasst hat.»
Die Entscheidung der Angehörigen
Sie betont, «dass es nicht an uns ist, eine persönliche Meinung einzubringen. Unsere Aufgabe ist es, den Angehörigen alle Möglichkeiten aufzuzeigen; es ist ihre Entscheidung, was mit dem verstorbenen Menschen passiert.» Von Berufs wegen steht es Daniela Zbinden allerdings zu, sich über alles, was mit den Folgen eines Todesfalls zusammenhängt, Gedanken zu machen. Das tut sie. Indem sie auf Möglichkeiten, Risiken, aber auch auf Respekt und Toleranz hinweist im Zusammenhang mit Beisetzungen in freier Natur. «In der Schweiz gilt nach einer Kremation das Recht der Aschefreiheit, die es den Angehörigen erlaubt, die Asche in der Natur zu verstreuen. Hingegen darf eine Urnenbeisetzung nur auf dem eigenen Grundstück oder auf dem Friedhof stattfinden.» Wird die Asche Verstorbener der Natur übergeben, müssen die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen und die Rechtsgrundlagen eingehalten werden. «Auf öffentlichem Grund und Boden ist das Ausstreuen der Asche grundsätzlich erlaubt. Ausser, eine Gemeinde verfügt über eine entsprechende Verordnung, die das untersagt.»
Einhalten der Regeln
Besteht die Absicht einer Beisetzung im Freien, empfiehlt die Bestatterin, dass in jedem Fall bei den Gemeindebehörden oder den Besitzern des Grundstücks die entsprechenden Informationen eingeholt werden sollten. «Weil immer das Risiko besteht, ohne Absicht etwas zu tun, das andere stört oder dem Gesetz widerspricht.»
Gesetze definieren auf nüchterne Art die Gesamtheit der Regeln innerhalb einer Gesellschaft. Die emotionalen Aspekte nach einem Todesfall sind viel tiefer, kein Gesetz kann sie beeinflussen. Der Wille der Verstorbenen und die Wünsche der Angehörigen sind moralische Werte, die berücksichtigt werden sollen. Auch beim Wunsch nach einer Beisetzung im Freien. Das muss nicht im Widerspruch dazu stehen, dass die Empfindungen anderer Menschen ebenfalls respektiert werden sollten. Mit liberalen Regelungen steigt die Selbstverantwortung des Individuums, desto wichtiger werden Toleranz und Respekt. Das ist auch das Anliegen von Daniela Zbinden, gerade angesichts ihrer Feststellung, «dass aus unserem Bestattungsdienst ein grosser Teil der Urnen nach Hause gehen. Das heisst, die Asche wird verstreut oder auf dem eigenen Grundstück beigesetzt. Der Anteil war noch nie so hoch.»
Rücksicht und Verantwortung
Ob dies dem Willen der Verstorbenen entspricht oder dem Wunsch der Hinterbliebenen, lässt sie offen, «die Entscheidung liegt immer bei den Angehörigen». Niemand, ergänzt sie, wolle Beisetzungen in freier Natur unterbinden, und das sei gut so. Sie vernimmt jedoch aus diversen Gemeinden, dass es Menschen gibt, welche Beisetzungen in der Natur als störend empfinden. «Obschon äussere Symbole wie Kreuze nicht gestattet sind, kann das bei Menschen etwas auslösen.» Die Bestatterin appelliert an den gesunden Menschenverstand, wünscht, dass man sich an die Vorgaben hält und Rücksicht nimmt. «Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Asche auf eine schöne Weise der Natur zu übergeben. Sei es auf dem eigenen Grundstück oder in einer Wasserurne. Diese kann einem fliessenden Gewässer beigegeben werden und löst sich darin auf.» Daniela Zbinden liegt es am Herzen, dass sich Angehörige bewusst sind, was eine Beisetzung im Freien auch bedeuten kann; weil meist nur sie den Ort der Bestattung kennen: «Ist die Asche verstreut, gibt es danach kein Zurück mehr. Damit wird Freunden und Bekannten die Möglichkeit genommen, sich an einen Ort des Abschieds, der Trauer und der Besinnung zu begeben. Auch Jahre später.»