Ein Garten für alle

Ein Garten für alle

Noch im Naturpark, aber schon in unmittelbarer Nähe zur Gemeinde Köniz liegt das Dorf Oberbalm. Wallfahrtskirche, Balmberg und die weitere Umgebung sind beliebte Wanderziele. Daneben verfügt die kleine Gemeinde über eine Attraktion, die sich sehen lassen kann: einen Schaugarten namens «Chrut u Uchrut». Seit über zehn Jahren wird er vom Landfrauenverein gehegt und gepflegt.

Früher bauten die Lehrer des unterhalb gelegenen Schulhauses auf diesem noch ebenen Fleck Erde am Fuss des Balmbergs ihr Gemüse an, später wurde er zum Schulgarten: Mit der Hauswirtschaftslehrerin lernten die Oberstufenschülerinnen den Gartenbau kennen. Zuletzt wurden die Beete an verschiedene Parteien aus dem Dorf verpachtet. Als das Interesse nachliess, verwilderte das Land zunehmend – bis Frauen aus dem Landfrauenverein die Idee hatten, einen Gemeinschaftsgarten zu schaffen. Anfänglich waren mehrere Projekte angedacht: Ein Blumengarten für die Kirche, ein Gemüsegarten samt Verkauf zugunsten des Vereins könnte es werden. Kritischere Stimmen befürchteten einen «Unkrautgarten».

Blumen, Gemüse oder Unkraut?
«Es war ein längerer Prozess, aber als die Idee eines Schaugartens ausgereift war, ging es schnell», erzählt Elisabeth Riesen. Regina Hinni und sie sind beide von Anfang an dabei. 2009 ging es los; es war ein Kraftakt vom halben Dorf. «Der Treichlerclub und viele andere Leute packten mit an», werfen sie einen Blick zurück. Die Engagierten pflügten die Brache, legten Wege an, setzten Buchshecken und montierten einen neuen Zaun – auch der Gemeindepräsident packte mit an. Es folgten Sitzbänke, ein Insektenhotel, eine Würfelskulptur der Schulkinder, vor vier Jahren ein inzwischen rege genutzter Bücherschrank. Nach einem verhagelten Sommer folgte die Einweihung 2010. Seither ist viel gewachsen, am meisten wohl die Freude der Besuchenden. Diese finden mitunter nicht nur Blüten und Düfte vor, sondern auch eine Kunstausstellung, etwa Glasbilder, Holzskulpturen oder Betonblumen.

Kreative Vielfalt
Im Zentrum jedoch stehen die Pflanzen. Allein über 150 verschiedene Sorten sind angeschrieben, davon sind 20 Kräuter. Vieles mehr wächst auch ohne Namensschild. Der Buchsbaum ist in den letzten 12 Jahren gewachsen und hat sogar den Zünsler überstanden. Der Garten ist um einen kreuzartigen Weg angeordnet – eine Reverenz an die Kirche und das Pfarrhaus nebenan.
Linkerhand führt ein Sinnesweg an Beeren, Teekräutern und dem Duftgarten entlang bis zu einer Sitzbank vor dem Steingarten. Vorbei an diversen Getreidesorten geht es zur Mitte, wo wiederum Bänke zum Verweilen einladen. Weiter rechts wachsen Gemüse und Küchenkräuter, links die Blumen. Auch ein kleines Stück Wiese mit Apfelbaum gehört zur Anlage und im hintersten Teil liegt das Oberbalmer Wappen – ganz aus grünen Pflanzen und weissen Steinen.

Mehr Pflege, mehr Besuche
«Wir sind nicht vom Fach – wir legten einfach drauflos», sagt Elisabeth Riesen und Regina Hinni ergänzt: «Inzwischen haben wir viel Erfahrung gesammelt.» 80 bis 90 Mitglieder zählt der Landfrauenverein Oberbalm, etwa ein Dutzend davon übernimmt Verantwortung für den Schaugarten. Alle paar Tage ist jemand vor Ort und packt an, was gerade ansteht. Am liebsten leisten sie gemeinsam einen Einsatz. Ohne sie gäbe es die duftende und farbenfrohe Oase nicht mehr. Vor vier Jahren sah es nach einem traurigen Ende aus. Einige der «Gärtnerinnen» mussten altershalber aufhören, andere waren anderweitig absorbiert. «Doch nun sind wieder initiative Frauen hinzugekommen», freut sich Riesen.
Ein jährlicher Gemeindebeitrag und eine kleine Spendenkasse helfen mit, Saatgut, einen neuen Zaun oder auch mal – im Fall des Buchsbaumzünslser – professionelle Intervention zu finanzieren. In den vergangenen beiden Jahren liessen die gestiegenen Spenden deutlich mehr Besucher vermuten. Immer wieder sehen die Verantwortlichen Wanderer auf einer Sitzbank verweilen. Sogar im Winter zeigen Spuren im Schnee, dass nicht nur der Bücherschrank aufgesucht wird, sondern alle Bereiche des Gartens. «Bis jetzt wurde der Garten immer gut hinterlassen», sagt Hinni dankbar. Wenn doch einmal ein Kronkorken liegenbleibt, freuen sich die Gartenfrauen: «Das zeigt doch, dass jemand gern hierher kam.» Riesen ergänzt: «Schliesslich ist es ein öffentlicher Garten.»

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