Der Elektroingenieur quittierte seine Stelle bei der Post. Er liess seine automatischen Antriebe für Tore patentieren, stellte sie einzeln her und montierte sie persönlich bei den Kunden. Wenig später stellte er die ersten Mitarbeiter ein und mietete in der ehemaligen Schreinerei Vifian in Schwarzenburg eine Werkstatt. Auch Jakobs Bruder Niklaus trat als Kaufmann in das Unternehmen ein.
Ausbau und
Umzug
Der Bau-Boom in den 1960ern spielte Gilgen in die Hände und steigerte die Nachfrage nach automatischen Schliesssystemen. 1965 entstand, zum grossen Teil in Eigenregie, am heutigen Standort an der Freiburgstrasse ein eigenes Gebäude, in welchem anschliessend 50 Personen arbeiteten. Das Angebot wurde diversifiziert: Nebst der Antriebstechnik trugen die Sicherheits- und Fördertechnik mit Hängebahn-, Behälter-, und Kreisfördersystemen sowie Paletten-Transportanlagen einen wesentlichen Anteil zum Umsatz bei. 1968 patentierte Jakob Gilgen die erste Förderanlage für die PTT und produzierte automatische Briefkasten-Entleerungsanlagen. Postbetriebe weltweit interessierten sich für die Neuerungen, unter anderem in München, Stockholm, Amsterdam und Zürich.
Der Schritt ins Ausland
Innert zehn Jahren verdreifachte sich die Belegschaft und das Gebäude musste alle paar Jahre erweitert werden. 1973 erarbeiteten die 96 Mitarbeitenden 10,3 Millionen Franken Umsatz und die Firma wurde zur Aktiengesellschaft. 1974 wagte Gilgen den Schritt ins Ausland, mit einer Generalvertretung in Deutschland. Acht Jahre später hatte sich die Zahl der Mitarbeitenden erneut verdreifacht und der Umsatz verdoppelt. «Es existiert kein Tor, das wir nicht automatisieren können», war Jakob Gilgens Motto. Der heutige CEO, Martin Plüss, beschreibt ihn als «Daniel Düsentrieb, der überall Ideen entwickelte, wo Antriebsteile gefragt waren – bis hin zu den rotierenden Kugeln der Lottoziehung.»
Geschäftsübergabe an den Sohn
In den 80er-Jahren entstanden neun Filialen in allen Landesteilen, um den Kundendienst zu stärken. Schweizweit war man mit 40% Marktanteil eine Macht, der Exportanteil beschränkte sich noch auf 15%. Ab 1980 machte Gilgen weitere Schritte in den internationalen Markt, mit Niederlassungen in Deutschland, Holland und England. Nach der Ausbildung zum Maschinen- und Elektroingenieur und einigen Jahren Praxiserfahrung übernahm Jakob Gilgen Junior 1986 die Führung der Firma mit 395 Mitarbeitenden und 50 Millionen Umsatz. Zum 25-Jahr-Jubiläum waren über 700 Gäste aus dem In- und Ausland geladen. Der Tag der offenen Tür wurde von mehr als 3000 Personen regelrecht gestürmt. Um organisatorisch auf der Höhe zu bleiben, mutierte die Gilgen AG 1990 zur Holding: In Schwarzenburg blieb die Tür- und Torautomation, die Fördertechnik wurde zur Gilgen Fördersysteme AG (heute Gilgen Logistics AG) in Oberwangen und die Sensortechnik zur Metallux AG in Mendrisio.
Von Kaba zu Nabtesco
Nicht immer ging es aufwärts: 1992 fielen der Rezession 70 Stellen zum Opfer und «Kurzarbeit» gehörte zum Wortschatz. 1996 übernahm die Zürcher Kaba Holding die «Gilgen AG Tür- und Torantriebstechnik». Noch heute nennen viele Leute die Namen «Kaba» und «Gilgen» im selben Atemzug, obwohl man schon seit 10 Jahren getrennte Wege geht. 2011 verkaufte Kaba sein Geschäft mit automatischen Türen an die japanische Nabtesco-Gruppe, einem weltweit tätigen Konzern mit Sitz in Tokio. Weltweit stammt jede fünfte Tür von Nabtesco. Ob automatische Schiebetüren, Faltflügeltüren oder Brandschutztüren, ob Kipptore, Schiebefalttore oder Schiebetore – ohne Handgriff in ein Gebäude einzutreten ist heute eine Selbstverständlichkeit. In Untergrundbahnen in China, Paris, Hong-Kong oder Dubai wird der Wartebereich mit Produkten von Gilgen von einfahrenden Zügen abgeschirmt. Und auch am Eiffelturm, an der Rothornbahn oder im Lötschbergtunnel sind Gilgen-Antriebe im Einsatz.
Neuer CEO
Am 1. Januar 2018 überliess Jakob Gilgen den CEO-Sessel Martin Plüss, der 2015 als stellvertretender Geschäftsführer in den Betrieb eingestiegen war. Es war die Zeit eines grösseren Umbruches, mit einem Generationenwechsel in der Führungsetage. Und auch wenn Gilgen in der Region verankert bleibt, sei von den Vorvätern keine Einflussnahme mehr vorhanden: «Wir haben einen sauberen Schnitt gemacht und pflegen einen freundschaftlichen Dialog», betont Plüss. Der Zuger ETH-Ingenieur hat langjährige Führungserfahrung und fördert Akquisitionen: In Bielefeld hatte man die erste Firma zugekauft, mittlerweile sind es 8 neue Firmen.
Gilgen verfügt heute über Vertriebs- und Servicepartner in Europa, Asien und Übersee sowie Tochtergesellschaften und eigene Servicecenter in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich. Massgeschneiderte Spezialanlagen werden immer wichtiger und der Kundendienst generiert in der Schweiz jährlich 100’000 Service-Einsätze. In mehr als 70 Ländern arbeiten weltweit rund 1100 Personen für die «Gilgen Door Systems». 700 Stellen sind es in der Schweiz, davon rund 400 in Schwarzenburg. Das hiesige Geschäft läuft gut, aber «das Wachstum findet hauptsächlich im Ausland statt», erklärt Martin Plüss.
Lehrlingsausbildung
Bereits früh hat man bei Gilgen den Stellenwert der Lehrlingsausbildung erkannt. In 60 Jahren Firmengeschichte sind mehr als 400 junge Menschen in acht Berufen ausgebildet worden, aktuell sind es 38. Etwa ein Viertel der Auszubildenden bleibt nach Lehrabschluss im Betrieb beschäftigt oder kehrt später wieder zurück. Zudem sei die Fluktuation der Mitarbeitenden sehr tief, was ein Anzeichen ist für eine hohe Arbeitszufriedenheit und Loyalität. Der Menschenschlag in der Region helfe, gute Lernende zu finden, erklärt Plüss: «Man hat keine Angst davor, sich die Hände bei der Arbeit schmutzig zu machen.» Allerdings spürt man die geburtenarmen Jahrgänge auch hier: «Wir konnten alle Lehrstellen besetzen, aber auch wir müssen uns um geeignete Lernende bemühen.
INFO
www.gilgendoorsystems.com