Von den besseren alten Zeiten zeugt der Beststeller «Gurnigelbad – die Stadt im Walde» des Riggisberger Autors Christian Raaflaub. Vielseitig illustriert schildert er das (Ferien-)Leben im Grand Hotel Gurnigelbad und den durch englische Touristen forcierten Wintersport. Einen wahren Fundus an Dokumenten und Fotografien hält auch das Ortsmuseum Belp bereit.
Wintersport erreicht die Massen
Das Leben der damaligen Landbevölkerung lief während der Wintermonate nicht zu Hochtouren auf. Nach dem harten Arbeitseinsatz von Frühling bis Herbst war einem dann weniger nach körperlicher Betätigung zu Mute. Selbst der Mittelschicht fehlte in der Regel das Geld für Hobbys oder sportliche Betätigung.
Umso mehr erstaunen die hochfliegenden Pläne von damals: Prestigeobjekte wie eine Eisbahn von 60 auf 65 Meter, Drahtseilbahnen für die «Schlittlerwelt» oder die Erschliessung von «günstigem» (geeignetem) Gelände fürs Skifahren. Obwohl die Winter schneereicher waren, hatten es diese Projekte schwer.
Trotzdem sprach der von englischen Touristen «importierte» Wintertourismus zunehmend auch die einheimische Bevölkerung an. Die Lords und Ladies machten es vor, in Mürren und auch am Gurnigel oben. Schnee war nicht nur zum Wegschaufeln da!
«Wegen der ausbleibenden Gäste (nach den Kriegsjahren, Anm. d. Autors) trat das Hotel Gurnigelbad die Flucht nach vorne an. 1920 wurde beschlossen, das Hotel auch im Winter offenzuhalten», schreibt Christian Raaflaub im eingangs erwähnten Buch. «Und die Briten kamen. Weil sie auch am Gurnigel Wintersport treiben wollten, führten sie Skirennen und Skitouren durch.» So kam der Wintersport schliesslich auch bei der breiten Bevölkerung an. Skirennen oder Eishockey waren nicht mehr nur «den Reichen» vorbehalten.
«Auf zum fröhlichen Spiel!»
Die Schlagzeile im «Mittelländischen Volksblatt» vom 13. Januar 1909, herausgegeben von der Jordi AG in Belp, überschlug sich beinahe: «War das ein prächtiger Wintertag gestern. Wie extra für die Jugend geschaffen. Aber auch Erwachsene beteiligen sich in einem Masse am Schlittelsport, wie man sich das vor Jahren nicht träumen liess.» Dabei habe der «Halbdreiuhr-Zug» eine «wahre Schlittlerinvasion aus der Stadt» über Belp ergossen. Der «Gelterfinger Stutz» entwickelte sich zum «Dorado für kühne Schlittler» und «auch der Belpberg hatte seine Liebhaber».
Die Gemeinderäte von Belp und Belpberg gaben «in verdankenswerter Weise» die Bewilligung zum Schlitteln auf den Strassen Belpberg-Belp und Zimmerwald-Belp, so das «Intelligenzblatt Bern» vom 2. Januar 1909. Am 17. Januar doppelte das «Mittelländische Volksblatt» nach: Der Gemeinnützige Verein Belp habe für die «Schlittler der Bundesstadt einen in jeder Hinsicht geeigneten Platz» gefunden; die Schlittelbahn sei «prächtig gelegen». Nachdem Kehrsatz das Schlitteln auf der Strasse Zimmerwald-Kehrsatz verboten hatte, stiess das Angebot auf grosses Interesse – «fehlt nur noch die gehörige Schneeschicht, dann kann das fröhliche Spiel beginnen.» Diese kam offenbar. Und damit weitere hochfliegende Pläne.
Mit der Drahtseilbahn nach Zimmerwald?
Die Anreise aus Bern auf die Schlittelpisten auf dem Belpberg und dem Längenberg betrugen damals rund zwei Stunden. Der Verbindungsweg sei «nicht mehr angemessen», berichtete «Der Bund» am 28. August 1910. «Deshalb wäre die Bahn zu begrüssen.» Und nicht nur eine sollte es sein, sondern gleich zwei auf beide Hügelzüge vor den Toren Berns. «Hoffentlich wird die Sache energisch an die Hand genommen und zu gutem Ende geführt», schloss der Bericht hoffnungsvoll.
Doch auch ein anderes Projekt hatte es schwer: eine Eisbahn «mit einem Flächeninhalt von 4000 Quadratmetern», auf der Matte an der Gürbe, in unmittelbarer Nähe zum Gasthof «Zum Kreuz», zum Bahnhofrestaurant und zur Wirtschaft «Zum Frohsinn». Trotzdem war mit dem Projekt wohl mehr Prestigedenken als Sportgeist verbunden. Denn: «Es soll unseren Stadtberner Nachbarn jetzt schon in Erinnerung bringen» – nämlich was für vorausschauende Planer damals am Werk gewesen waren.
Für ein «gesundes, frohes Sportleben»
Nicht alle Pläne liessen sich realisieren und vieles hat sich seither geändert. Einem aber sollten damalige wie heutige Sportsfreude verbunden bleiben, Fairness und Teamgeist nämlich. «Wir Schlittler wollen uns aber versprechen, eingedenk der allseitig zuvorkommenden Aufnahme, uns wieder einzufinden zur Pflege des gesunden, frohen Sportlebens in Belp!» Wer weiss, vielleicht halten künftige kältere Perioden noch die eine oder andere Überraschung bereit?
INFO
www.ortsmuseumbelp.ch
Foto: Sammlung Ortsmuseum Belp